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Das Portal
Ich kann nicht einmal sagen, dass es ein besonderer Tag war. Ganz im Gegenteil: Der Tag begann so gewöhnlich, wie ein Tag nur beginnen kann. Der Wecker klingelte um 6 und ich schwang meine Beine aus dem Bett. Michaela räkelte sich verschlafen auf der anderen Seite, wurde aber nicht richtig wach. Mir war das ganz Recht, denn einerseits wollte ich sie nicht wecken und andererseits verspürte ich kein Verlangen danach, unseren Streit vom Vortag gleich am frühen Morgen fortzusetzen.
Ich kann nicht einmal sagen, dass wir uns nicht mehr lieben würden. Das ist es nicht. Aber wir sind nun fast sieben Jahre verheiratet und da kam es dann schon mal zu Meinungsverschiedenheiten, die einem den Abend verderben konnten. Im Grunde ging es meist um Kleinigkeiten und später fragten wir uns oft, was eigentlich mit uns los war.
Es war jeden Morgen die gleiche Prozedur. Erst in die Küche, die Kaffeemaschine anstellen, dann ins Bad. Für ein richtiges Frühstück reichte oft die Zeit nicht mehr, denn ich musste pünktlich bei der Arbeit sein. An diesem Morgen lief es nicht anders. Ein Blick in die Morgenzeitung, die ich aus dem Briefkasten gefischt hatte, ein Schluck des noch viel zu heißen Kaffees und dann war es auch schon Zeit, aufzubrechen. Der Autoschlüssel war nicht an seinem gewohnten Platz und einen Moment lang spielte ich mit dem Gedanken, Michaela zu fragen, doch ich verwarf den Gedanken wieder. Noch reichte die Zeit, den Bus in die Stadt zu erreichen - also entschloss ich mich, das Stück bis zur Haltestelle zu laufen. Hastig warf ich mir die Jacke über und stellte die Kaffeetasse in die Spülmaschine. Ich wollte Michaela nicht schon wieder neue Nahrung für ihre ewigen Vorwürfe gegen mich liefern.
Draußen war es noch dunkel. Der Weg vom Haus bis zum Hauptweg war unbeleuchtet und ich musste achtgeben, nicht zu stolpern. Das Tor in unserem Jägerzaun, der das Grundstück umgab, quietschte durchdringend. Wie sagte Michaela immer? Öl würde Wunder wirken? Seit wir vor drei Jahren hierher gezogen waren, wollte ich eine Wegbeleuchtung installieren, doch irgendwie war mir ständig etwas dazwischengekommen. Früher hatten wir in der Stadt gewohnt, aber wir waren der Überzeugung, dass ein Kind auch Natur brauchte, und dass wir Kinder wollten, war für uns keine Frage gewesen. Das Haus hatten wir günstig erwerben können und so waren wir ins Dorf gezogen. Für einen Städter ist es nie leicht, in der fest gefügten Gemeinschaft eines Dorfes Fuß zu fassen, aber Nele, unser Sonnenschein, fühlte sich hier wirklich wohl.
Der Weg bis zur Bushaltestelle war etwa eineinhalb Kilometer lang und ich benötigte dazu ein paar Minuten. Die Luft war frisch und leichte Nebelschwaden krochen über die Felder. An einigen Stellen wirkte es, als wären Wolken einfach auf die Erde gestürzt und wären dort liegengeblieben. Ich genoss die Stille und die Einsamkeit meines Weges und allmählich verflog die morgendliche Müdigkeit. Ich begann, mir Gedanken über die Dinge zu machen, die ich gleich im Büro zu erledigen hatte, als ich ein Licht bemerkte.
Es war nicht besonders hell, aber es wirkte auf eine unerklärliche Art unheimlich. Vielleicht ist »unheimlich« auch nicht der richtige Ausdruck. Auf jeden Fall war mir bisher nie aufgefallen, dass es dort - mitten auf dem Feld - ein Licht gab. Es machte mich neugierig. Die Nebelschwaden ließen es diffus und unwirklich erscheinen, aber ich konnte es ja sehen, also war es real. Ich zögerte noch einen Moment, als ich sah, dass der Boden auf dem Feld weich und feucht war. Meine Schuhe würden vollkommen schmutzig werden, wenn ich quer über das Feld dorthin lief. Meine Neugier überwog und ich lief vorsichtig los. Für einen außenstehenden Beobachter muss ich ausgesehen haben wie ein Storch im Salat, aber ich vertraute darauf, dass mich zu so früher Stunde niemand beobachten würde.
Je näher ich dem Leuchten kam, umso mehr konnte ich erkennen. Mitten auf dem Feld stand ein steinerner Torbogen und aus seiner Mitte schien dieses Licht, das ich vom Weg aus gesehen hatte. Jetzt wohnte ich schon seit drei Jahren in dieser Gegend, aber mir war nie aufgefallen, dass es hier so einen Torbogen gab. Vielleicht hab ich nie darauf geachtet, weil ich doch meist mit dem Auto fahre und mich auf den schmalen Zufahrtsweg konzentriere. Doch welchen Sinn hatte dieses Bauwerk, das mitten im Nirgendwo stand? Es überragte um mich mindestens zwei Meter und war sicher drei Meter breit. Der Bogen bestand aus massivem Stein - jedenfalls fühlte es sich so an. Seine Oberfläche zierten komplizierte Ornamente, die ein unbekannter Künstler dort hineingemeißelt hatte. Die Bedeutung dieser Ornamente entzog sich mir, hatten aber eine fast hypnotische Anziehungskraft auf mich. Ich fuhr mit den Fingern über die raue Steinoberfläche, die sich trotz der frühen Stunde überraschend warm anfühlte. Immer wieder blickte ich an dem Bogen entlang. Es hätte durchaus das Steinportal einer Kirche sein können, nur, dass es hier keine Kirche gab, sondern nur dieses Steintor.
Fasziniert blickte ich direkt in das Licht zwischen den Torseiten hinein. Es ging von einem Raum aus, der hinter dem Tor zu liegen schien. Ich konnte ihn nur undeutlich erkennen, da es aussah, als blickte ich durch eine Wasseroberfläche. Der Raum wirkte wie ein vollkommen leeres Zimmer ohne Fenster. Das Licht schien direkt von den Wänden auszugehen. Das war doch vollkommen verrückt. Ich stand hier mitten auf dem Kartoffelacker des benachbarten Bauernhofes. Was sollte das für ein Raum sein? Langsam schritt ich um das Tor herum. Es befand sich kein Raum dahinter und zwischen den Steinsäulen sah ich die Lichter einer fernen Fabrik über dem leichten Bodennebel, der noch immer auf dem Feld lag. Ich atmete erleichtert auf. Ein wenig hatte ich schon an meinem Verstand gezweifelt. Trotzdem tastete ich vorsichtig mit meiner Hand, ob sich nicht etwas zwischen den Säulen befand. Ich fühlte nichts, also trat ich durch das Tor hindurch.
»Gut, dass mich niemand hier sieht«, murmelte ich. »Man würde mich für verrückt halten.«
Als ich mich umdrehte, erschrak ich unwillkürlich, denn ich blickte wieder in diesen Raum hinein. Ich bückte mich und hob einen Stein auf. Ein paar Augenblicke wog ich ihn in meiner Hand, dann warf ich ihn beherzt in den Torbogen hinein. Ich hörte nichts, doch sah ich den Stein mitten in dem Raum aufschlagen. Er sprang noch einmal hoch, prallte gegen die hintere Wand und blieb liegen.
»Verdammt, es gibt ihn wirklich!«
Mir fiel ein, dass ich ja den Bus erreichen musste und blickte auf meine Armbanduhr. Ich hatte doch tatsächlich zwanzig Minuten verplempert und der Bus war inzwischen weg. Dann konnte ich genauso gut auch dieses Tor weiter untersuchen. Hatte ich das wirklich gedacht? War ich wirklich bereit, mich auf etwas einzulassen, das es dem gesunden Menschenverstand nach überhaupt nicht geben konnte?
Ich konnte den Blick nicht mehr von dem verschwommen wirkenden Raum abwenden. Ganz allmählich näherte ich mich der Fläche, die an eine senkrecht stehende Wasseroberfläche erinnerte. Vorsichtig tippte ich mit dem Finger dagegen. Es war nichts zu fühlen, aber die Oberfläche kräuselte sich leicht. Etwas mutiger steckte ich die ganze Hand hinein. Ich konnte sie noch immer sehen und bewegen, fühlte jedoch noch immer nichts. Kurz entschlossen trat ich einen Schritt nach vorn und stand mitten in dem Raum. Ich drehte mich um, doch da war kein Tor, sondern nur eine Wand wie die übrigen, die ich schon von draußen gesehen hatte. Nur ein matschiger Schuhabdruck zeugte davon, dass ich offenbar mitten durch eine der Wände gekommen war. Meine Entschlossenheit, die ich noch Sekunden zuvor verspürt hatte, war wie weggeblasen. Ich trat an die Wand, durch die ich gekommen war und legte meine Hand dagegen. Sie fühlte sich glatt und kühl an. Auf jeden Fall konnte ich auf diesem Weg nicht zurück. Von Panik erfüllt, sah ich mich um und entdeckte an einer Seite die Mündung eines Gangs, den ich vorher nicht bemerkt hatte, weil er ebenso leuchtete wie der Rest der Wände.
Langsam und vorsichtig trat ich hinein und folgte ihm. Nach mehreren Kurven öffnete er sich zu einer großen, ovalen Halle mit zahllosen Zugängen an der Wand entlang. Mitten in der Halle saß ein Mann an einem Pult und hielt seine Arme hinter dem Kopf verschränkt. Als er mich bemerkte, zuckte er zusammen.
»Keli hat mequlos orgenk?«
»Wie bitte? Ich glaub, ich verstehe Sie nicht. Können Sie mir sagen, wo ich hier bin?«
Der Mann hob seine rechte Hand und zeigte mir seine Handfläche. Ich solle warten.
Er tippte auf seinem Pult herum und nach einiger Zeit wandte er sich mir zu.
»Sie sprechen die Sprache der Alten. Darf ich fragen, woher sie kommen?«
»Sprache der Alten? Was soll der Blödsinn?« Ich machte eine alles umfassende Geste mit der Hand. »Was ist das hier für ein Laden?«
»Laden? Ich bin der Wächter für diesen Distrikt. Dies hier ist ein Portalbahnhof. Mir sind allerdings keine Ankünfte avisiert worden. Können wir jetzt vielleicht wieder zur Standardsprache wechseln?«
»Ich fürchte, ich weiß nicht, was Sie meinen. Was für eine Standardsprache?«
Der Mann sah mich mit hochgezogenen Brauen an. »Sie sprechen nicht nur so - Sie sind einer der Alten. Zeigen Sie mir, wie Sie hierhergekommen sind. Sie müssen schnell wieder weg.«
Er erhob sich. »Los! Zeigen Sie es mir!«
Resignierend machte ich kehrt und führte ihn in den Gang, aus dem ich gekommen war. Schließlich erreichten wir wieder die Kammer, in der noch immer meine Schuhabdrücke und der Stein zu sehen waren. Der Mann untersuchte die Spuren und wandte sich dann wieder mir zu. »Wer hat Sie geschickt?«
»Niemand. Da stand dieses komische Steintor mitten auf dem Feld und ich wurde neugierig. Als ich hindurchtrat, war ich plötzlich hier.«
»Das ist nicht gut«, sagte er. »Gar nicht gut. Wie sah dieses Tor aus? Bestand es aus einem matt glänzenden Metall oder aus Stein?«
»Stein.«
Der Mann schlug mit der Faust gegen eine der Wände. »Eines der unentdeckten Blindtore! Sgullatsch!«
»Was?«
»Entschuldigen Sie. Ich spreche zwar die Sprache der Alten, aber wenn ich fluche, rutsche ich in meine Muttersprache. Sie haben ein gewaltiges Problem.«
»Vielleicht erklären Sie mir mal, was hier eigentlich los ist.«
»Gut. Kommen Sie mit!«
Er lief los, ohne auf mich zu warten. Ich hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten.
»Vor vielen Jahren - was für Sie noch immer die ferne Zukunft sein dürfte - entdeckten wir ein Transportsystem, das zahllose Welten dieser Galaxis miteinander verbindet. Damit ist es möglich, ohne Zeitverlust zu reisen. Wir haben zwar die zugrundeliegende Technik nie begriffen, doch wir lernten, sie zu bedienen. Die ursprünglichen Erbauer aller dieser Portale scheinen verschwunden zu sein. Jedenfalls haben wir niemals einen von ihnen getroffen. Bis heute wissen wir nicht einmal, wie sie aussehen. Diese Wesen hatten jedoch offenbar einen besonderen Sinn für Humor, denn eine Reihe von steinernen Portalen erscheint nach keinem erkennbaren Muster immer wieder an den unterschiedlichsten Orten für wenige Stunden oder Tage. Manche konnten wir einfangen und nutzbar machen - andere sind uns immer wieder entkommen. Wer durch so ein Tor reist, hat keinen Einfluss darauf, wann und wo er ankommt. Sie haben noch Glück, in einem Bahnhof angekommen zu sein. Wenn wir uns beeilen, steht vielleicht Ihr Tor noch dort, wo sie gestartet sind. Wenn nicht, kommen Sie nie mehr nach Hause.«
»Nicht mehr nach Hause? Dann tun Sie etwas! Ich hab Frau und Kind! Ich will und muss wieder nach Hause!«
Er deutete auf einen weißen Kreis, der auf den Fußboden projiziert wurde. »Stellen Sie sich dort hinein. Ich muss Sie scannen. Mit etwas Glück erfahren wir noch die Koordinaten ihres Startpunkts. Die Spuren dürfen sich allerdings noch nicht verflüchtigt haben.«
Ich eilte förmlich zu dem Kreis und wartete. »Wie heißen Sie eigentlich?«
»Song«, antwortete er und tippte fieberhaft auf seinen Geräten herum. »Und Sie?«
»Carsten. Carsten Dembrock.«
»Carsten Dembrock, Sie haben Glück. Ich denke, wir können Ihr Tor noch fassen. Es wird nicht reichen, es einzufangen, aber ich kann Sie wenigstens zurückschicken. Noch ein paar Schaltungen, dann müssen Sie schnell zurück in ihre Ankunftskammer. Sowie Sie sehen, dass die Wand verschwindet oder durchsichtig wird, treten Sie sofort hindurch. Ich werd den Durchgang nicht lange offen halten können.«
»Song, ich danke Ihnen. Ich werde also wieder mitten auf dem Feld ankommen - wo ich auch gestartet bin?«
»Ja, so in etwa. Das System der blinden Portale ist etwas tückisch, aber keine Angst - Ihnen kann nichts geschehen.«
Ich sah ihn skeptisch an. »Wie meinen Sie das? Was ist tückisch?«
»Ich kann es Ihnen nicht erklären. Sie haben jedoch keine andere Wahl, wenn Sie nach Hause wollen. Und jetzt laufen Sie. Schnell! Sie haben nicht viel Zeit!«
Ich überlegte nicht länger. Den Weg hatte ich inzwischen mehrfach zurückgelegt. Ich rannte den Gang hinunter, so schnell ich konnte, und war ganz außer Atem, als ich den Ankunftsraum erreichte. Ich bekam gerade noch mit, wie die Wand zu pulsieren begann, als sich allmählich die Schemen des Ackers herausschälten. Im Hintergrund sah ich den Weg, den ich am Morgen gegangen war, um zum Bus zu gelangen. Inzwischen war es heller Tag. Ich trat an die Wand heran und tippte mit dem Finger dagegen. Sie bot keinen Widerstand und er versank darin. Ich zögerte nicht länger und machte einen Satz nach vorn. Im nächsten Augenblick stand ich auf dem Acker und konnte nur mühsam einen Sturz verhindern. Ich wollte nur noch weg von diesem Gebilde, dessen Gefangener ich beinah geworden wäre. Ein Blitz ließ mich zusammenzucken. Ich drehte mich um und das Portal war nicht mehr da. Es war, als wäre es nie dort gewesen. Es blieb jedoch ein Eindruck von einem leisen Gelächter zurück. Ich lauschte einen Moment, doch da war nichts. Als ich meine Spuren im Acker betrachtete, stellte ich fest, dass sie einige Meter hinter mir begannen. Es gab jedoch keine Spur, die vom Weg aus in meine Richtung führte. Ich war mir jedoch ziemlich sicher, am Morgen genau auf diesem Weg zum Tor gelaufen zu sein. Ich verfolgte den Gedanken nicht weiter. Vielleicht lagen die beiden Spuren auch einige Meter auseinander. Im Dunkeln sah eben alles etwas anders aus.
Zurück auf dem Weg überlegte ich, was ich tun sollte. Zur Arbeit brauchte ich jetzt ganz sicher nicht mehr zu fahren. Es würde sowieso schwierig werden, mein heutiges Fernbleiben plausibel zu erklären. Ich lief zurück nach Hause.
Als ich den Jägerzaun sah, der unser Grundstück umgab, wurde ich allmählich ruhiger. Vorsichtig öffnete ich das Törchen und stellte verblüfft fest, dass es nicht quietschte. Sollte Michaela es etwa geschmiert haben? Das würde sicher wieder Anlass zu einigen Vorwürfen geben. Ich seufzte. Ich hatte jedoch keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn Nele kam auf mich zugerannt.
»Papa, Papa!«
Sie flog förmlich in meine Arme. Ich hob sie hoch und schleuderte sie im Kreis. Sie jubelte lautstark. »Schneller, Papa, schneller.!«
Sie gab mir einen feuchten Kuss und machte sich steif, damit ich sie zurück auf den Boden setzte. Ihre kleine Hand schlich sich in meine und gemeinsam gingen wir zur Haustür.
Michaela öffnete und lächelte mich warm an. »Schatz, du bist aber heut früh zurück.«
Sie drückte sich an mich und ich nahm sie in den Arm. Wir küssten einander und ich fragte mich, wann sie mich das letzte Mal so liebevoll begrüßt hatte. Nach den Streitereien der vergangenen Tage war das sehr überraschend für mich, aber es gefiel mir gut.
»Komm rein. Ich hab vorhin frischen Kaffee aufgesetzt.« Sie streckte noch einmal den Kopf aus der Tür und blickte in Richtung der Auffahrt zur Garage. »Wo hast du denn den Wagen gelassen?«
»Den Wagen? Ich hab ihn heut stehen lassen, weil ich den Autoschlüssel heute morgen nicht gefunden habe. Ich bin zum Bus gegangen.«
»Zum Bus?«, lachte Michaela, »Du? Ich hätte schwören können, dass du mit dem Auto weg bist.«
»Nein im Ernst: Ich hab es stehen lassen.«
»Na egal. Setz dich erst mal. Ich hol den Kaffee.«
Ich ließ mich auf die Couch fallen und die Last des Tages begann allmählich von mir abzufallen. Das, was ich erlebt hatte, war nichts anderes als ein böser Traum gewesen. Jetzt war ich zu Hause und die Realität hatte mich wieder zurück. Ich hörte Michaela in der Küche kramen und sah aus dem Fenster. In der Ferne sah ich ein Auto kommen. Wenn jemand diesen Weg entlangkam, wollte er in der Regel zu uns, denn die Zufahrt führte nur zu unserem Grundstück. Der benachbarte Bauernhof hatte eine eigene Zufahrt.
»Erwarten wir jemanden?«, fragte ich laut.
»Nein, wieso?«, kam es aus der Küche zurück.
»Da kommt ein Wagen die Straße entlang hierher. Es ist so einer wie unserer. Wer hat denn so einen?«
»Keine Ahnung.«
Ich hatte mich erhoben und trat ans Fenster. Es war ein blauer Ford Mondeo - genau wie meiner. Als er näher kam, sah ich das Kennzeichen. Es war mein Kennzeichen. Ich spürte, wie Kälte meinen Nacken entlang kroch. Wer fuhr denn mit meinem Auto? Ich war zu Hause, Michaela auch ...
Der Wagen fuhr auf die Auffahrt und blieb vor der Garage stehen. Mit angehaltenem Atem wartete ich, wer aus diesem Auto aussteigen würde. Michaela trat neben mich.
»Na, wer ist es? Brauch ich noch mehr Kaffee?«
Die Tür des Wagens öffnete sich und ein Mann stieg aus. Er kam mir bekannt vor. Ich begriff jedoch nicht gleich, bis Michaela neben mir einen spitzen Schrei ausstieß und die Tassen fallen ließ, die sie in der Hand gehalten hatte..
Der Mann, der fröhlich winkend auf das Haus zuging ... war ich.