Transmitter

 
"Ich kann mir noch immer nicht wirklich vorstellen, wie das funktionieren soll."
Giyörgy Szabo nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse und ließ seinen Blick über die monströse Anlage schweifen, die von seinen amerikanischen Wissenschaftlerkollegen installiert worden war.
"Es ist mir auch unheimlich, dass wir die gesamte Leistung des Kraftwerks benötigen werden, wenn der Test durchgeführt wird."
"Sie müssen sich nicht sorgen, Herr Kollege", versuchte Hank Lieberman seinen ungarischen Kollegen zu beruhigen. "Mit Ratten und Mäusen hat es bereits ohne Probleme geklappt. Sie müssen sich vorstellen, dass die Materialisation einer menschlichen Körpermasse ein Vielfaches der Energie benötigt. Das war ja gerade der Grund dafür, dass wir Ihr Institut gewählt haben. Es liegt direkt an der Donau und verfügt über zwei große Kraftwerke in unmittelbarer Nähe."
"Die Theorie ist mir durchaus bekannt, auch wenn ich einige Prämissen nicht nachvollziehen kann. Es geht mir nicht in den Kopf, dass es wichtig ist, eine größere Distanz zwischen den Geräten zu haben. Sollte es nicht eher so sein, dass es weniger Energie kostet, wenn die Entfernung nicht so groß ist?"
Lieberman sah Szabo an.
"Ich verstehe Sie. Mir ging es anfangs auch nicht anders. Unsere frühen Versuche schlugen allesamt fehl und wir haben monatelang geforscht und gerechnet. Erst, als wir den Abstand zwischen Sender und Empfänger vergrößerten, erhielten wir brauchbare Ergebnisse."

Ein Mitarbeiter des Instituts kam eilig in die Halle und hielt nach Szabo Ausschau.
"Wir haben einen Video-Anruf aus Pasadena!", rief er, als er die beiden entdeckt hatte.
"Das wird Tanja sein", meinte Lieberman. "Lassen Sie uns mit Ihr sprechen. Sie ist heute schließlich die Hauptperson."
"Ich will Sie ja nicht kritisieren, aber ich halte es noch immer für falsch, dieses Risiko einzugehen. Diese Tanja ist doch ihre Assistentin, oder irre ich mich?"
"Ganz und gar nicht. Sie ist meine rechte Hand und obendrein eine entzückende Person. Sie werden erfreut sein, ihre Bekanntschaft zu machen."
Szabo konnte es nicht fassen. "Und Sie haben kein schlechtes Gewissen, das Mädchen in diese Maschine zu stecken? Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand das freiwillig über sich ergehen lässt."
"Sie irren, Herr Kollege. Tanja tut das absolut freiwillig … Nun ja, sie tut es für mich. Vermutlich liebt sie mich. Sie können sie ja fragen, sobald sie hier ist."
"Wenn sie hier ankommt …", murmelte Szabo, ohne dass Lieberman es gehört hatte.
Inzwischen waren sie im Funkübertragungsraum angekommen, wo das Gesicht von Liebermans Assistentin bereits auf einem Monitor zu sehen war. Offenbar gab es auch eine Kamera, denn sie lächelte bereits erfreut, als sie die beiden Wissenschaftler bemerkte.
"Hallo Hank!", rief sie. "Wie ist das Wetter bei Euch in Szàz…?"
"Szàzhalombatta", vervollständigte Szabo. "Geben Sie sich keine Mühe. Ungarisch ist für westliche Zungen oft nur schwer auszusprechen. Ich hoffe, es geht ihnen gut. Sind Sie sicher, dass Sie sich wirklich als Versuchskaninchen zur Verfügung stellen wollen?"
Lieberman sah ihn verärgert von der Seite an, sagte jedoch nichts.
Tanja lächelte in die Kamera. "Dr. Szabo, Sie sind sicher nicht sehr vertraut mit der Wirkungsweise unserer Anlage, nicht wahr?"
"Nun, ich bin Physiker, aber mein Spezialgebiet ist die drahtlose Übertragung materieller Objekte sicherlich nicht. Genau genommen kann ich mir nicht wirklich vorstellen, was dabei geschieht."
"Hat Professor Lieberman Ihnen nicht unsere Unterlagen zur Verfügung gestellt? Immerhin sind wir auf Ihre Mitarbeit angewiesen. Ohne die Errichtung der Empfängereinheit wären wir aufgeschmissen."
Szabo nickte. "Keine Sorge, mir liegen die Unterlagen natürlich vor, aber es ist nur schwer vorstellbar – selbst für einen Physiker -, dass ein Stück Materie von einem Ort zum anderen geschickt werden kann."
"Tanja, wie weit seid Ihr in Pasadena?", unterbrach Lieberman das Gespräch.
"Die Kraftwerke sind in Stand-by und können jederzeit ihren vollen Output bereitstellen. Die Hochleistungskondensatoren sind voll aufgeladen. Wir könnten beginnen, wenn Ihr so weit seid."
Lieberman sah Szabo fragend an.
Szabo hob hilflos seine Arme. "Wir brauchen noch ein paar Minuten. Wir sollten nichts überstürzen. Ich möchte nicht, dass Ihrer Assistentin etwas geschieht."
"Unser Verfahren ist absolut sicher."
Tanja nickte. "Hank hat recht. Wir haben bei allen Versuchen stets Erfolg gehabt. Das Einzige, was noch fehlt, ist ein Versuch mit einem Menschen. Wenn das gelingt, wird es das Reisen auf unserem Planeten revolutionieren können. Menschen müssen nicht mehr die Strapazen einer langen Reise auf sich nehmen, sondern werden – salopp gesagt – wie ein Fax einfach ans Ziel geschickt."
"Also ich würde mich lieber in ein Flugzeug setzen, als zu riskieren, dass bei dieser Fax-Geschichte etwas geschieht", sagte Szabo. "Allein die Vorstellung, dass mein gesamter Körper durch eine Batterie von einigen Dutzend Lasern zerstört wird, um dann auf einem anderen Kontinent wieder zusammengesetzt zu werden, lässt mich frösteln."
Ein Signal ertönte und alle fuhren zusammen.
"Das ist nur das Signal, dass wir jetzt auch so weit sind", meinte Szabo. "Auch, wenn mir nicht wohl bei der Sache ist, aber wir könnten anfangen."
"Dann würde ich vorschlagen, dass Du Dich schon mal ausziehst, Tanja", sagte Lieberman.
"Wieso soll sie sich ausziehen?", fragte Szabo.
"Eigentlich müsste es möglich sein, sie auch mit ihrer Kleidung zu übertragen, aber wir sind übereingekommen, dieses Risiko zunächst nicht einzugehen. Wenn es doch zu gewissen Übertragungsunschärfen kommen sollte, möchten wir nicht erleben, dass Teile ihrer Kleidung in ihrem Körper stecken. Also wird sie sich vollkommen nackt in die Transmitterkammer stellen."
Tanjas Gesicht war inzwischen vom Bildschirm verschwunden. Vermutlich war sie bereits in der Kammer. Ein Mann erschien.
"Professor Lieberman, wir haben mit der Abstimmungssequenz begonnen. Sie sollten gleich ein Referenzsignal mit einer Senderkennung erhalten. Sobald sie diese Kennung erwidern und die Signatur ihres Empfängers anhängen, sind wir bereit zum Senden."
Szabo wandte sich einer Schalttafel zu und schaltete die Energie des Donaukraftwerks auf die von den Amerikanern installierte Empfangsanlage. Ein tiefes Brummen erfüllte die Luft in dem riesigen Raum. Gleichzeitig meldete einer der Computer ein eingehendes Signal aus Pasadena. Lieberman beantwortete es durch einen Knopfdruck. Alle Handgriffe waren bereits vorbereitet, um im entscheidenden Moment keine Zeit zu verlieren.
"Jetzt gibt es kein Zurück mehr", sagte Lieberman. "In wenigen Augenblicken wird Tanja hier erscheinen. Wir sollten unsere Brillen aufsetzen. Es wird sehr hell werden, wenn die materielle Struktur der übertragenen Informationen wieder stabilisiert wird."
Er hatte es kaum ausgesprochen, als der Eindruck entstand, die Anlage würde bersten. Ein ungeheurer Lärm dröhnte in ihren Ohren und eine Reihe greller Blitze fuhr in die Reaktionskammer. Die Luft roch nach Ozon. Ein Blitz nach dem anderen fuhr aus den Elektroden in die Kammer, bis schließlich mehrere Lichtbögen zuckend darüber standen. Szabos Haare standen wie Spargelstangen von seinem Kopf ab und sein ganzer Körper kribbelte.
Lieberman erging es nicht anders, doch war er vollkommen ruhig. Der Prozess war also nicht ungewöhnlich.
Nach fast fünf Minuten brach das Blitzgewitter mit einem Schlag ab. Sie glaubten erst, dass ein Defekt ihrem Versuch einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Lieberman prüfte die Fehlerprotokolle, konnte aber nichts finden.
Szabo dachte mit Schrecken daran, was dieses Versagen der Anlage für Tanja bedeutete. Allein die Vorstellung, diese Energien hätten ihren Körper zerstört und dann ein Fehler bei der Sendung … Ihn fröstelte, als er sich das vorstellte.
Ohne sich darüber klar zu sein, ob es für ihn gefährlich sein konnte, kletterte er über die improvisierte Absperrung, die man zu ihrer Sicherheit errichtet hatte und schritt auf die Maschine zu. Wie ein Haus ragte sie vor ihm auf und an verschiedenen Stellen trat weißer Dampf aus – vermutlich handelte es sich um das Kühlsystem. Die Empfangszelle befand sich in drei Metern Höhe im Innern der Anlage. Vorsichtig berührte Szabo die metallene Leiter, die nach oben führte und erhielt einen leichten elektrischen Schlag. Er zuckte zurück, versuchte es aber nach einigen Augenblicken ein zweites Mal. Diesmal war er darauf gefasst und er konnte sich darauf einstellen. Beherzt stieg er die Sprossen hinauf, bis er auf der Arbeitsplattform angekommen war. Vor ihm befand sich der abgeschirmte Zylinder, in dem Tanja angekommen sein musste. Licht drang durch die Ritzen der Schleuse, die ins Innere des Zylinders führte. Szabo beeilte sich, die Hindernisse zu beseitigen, die ihn noch davon abhielten, die zentrale Kammer zu betreten. Bald hatte er jedoch den Gitterkäfig, der sie umgab, geöffnet und ließ anschließend das Schleusenschott des Zylinders aufschwingen.
"Szabo, was treiben Sie da?", rief Lieberman von unten. Er hatte erst jetzt bemerkt, dass sein Kollege sich auf der Maschine befand.
Szabo achtete nicht auf Liebermann und betrat die Kammer. Es war eine Röhre von drei Metern Durchmesser, deren Innenseite mit zahllosen rechteckigen Spiegeln besetzt war. In regelmäßigen Abständen waren die Spiegelflächen von Laserprojektoren unterbrochen, die fast jeden Punkt innerhalb des Zylinders erreichen konnten. Von oben wurde der Raum durch eine Batterie von Lampen grell ausgeleuchtet. Szabo musste zunächst blinzeln, bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten. Als er schließlich Einzelheiten erkennen konnte, entdeckte er eine nackte Frau, die zusammengekauert auf dem Boden saß und ihre angezogenen Beine mit den Armen umfing.
"Tanja?", fragte Szabo.
"Mir ist kalt", flüsterte sie. "So kalt … Es war so fürchterlich. Die Hitze … Schmerz … Es war, als wäre etwas in mir zerrissen."
Sie hob ihren Kopf und sah Szabo an. "Sie sind Szabo, nicht wahr? Dann bin ich wirklich in Europa?"
"Ja, das sind Sie", sagte Szabo, erleichtert darüber, dass der Frau offenbar nichts zugestoßen war. "Sie glauben gar nicht, wie froh ich bin, dass es Ihnen gut geht."
"Ich brauche etwas zum Anziehen." Tanja erhob sich. Szabo wollte sich bereits verlegen abwenden, als er sah, dass ihre Haut an einigen Stellen feuerrot wirkte.
"Ihre Haut … Sie wirkt stark gerötet. Sind Sie sicher, dass es Ihnen wirklich gut geht?"
Sie blickte an sich herunter und befühlte die Stellen.
"Ich fühle nichts."
"Gut, dann ist es sicher nichts Gravierendes."
"Sie verstehen nicht. Ich meinte, ich fühle nichts. Ich fühle überhaupt nichts. Mein Gott, was ist mit mir passiert?"
"Kommen Sie erst mal mit", schlug Szabo vor. "Nehmen Sie meine Jacke. Wir klettern am besten erst mal von dieser Maschine herunter und suchen passende Kleidung für Sie."
Mit wackeligen Schritten kam sie auf Szabo zu und griff nach der Jacke. Szabo half Ihr dabei, sie anzuziehen, da sie noch zu unbeholfen wirkte. Dann stützte er sie und führte sie zur Leiter. Lieberman stand bereits unten und nahm Tanja entgegen, die ihn fragend anblickte.
"Was siehst Du mich so an?", fragte er. "Du hast es überstanden. Wir werden jetzt nur noch unsere Berichte über den Erfolg des Versuchs schreiben und dann machen wir Urlaub. Was hältst Du davon?"
"Urlaub? Mit Ihnen? Wer sind Sie überhaupt?"
"Du kennst mich nicht? Ich bin Professor Hank Lieberman, Dein Vorgesetzter. Wir sind aber auch privat befreundet. Das musst Du doch wissen."
Sie schüttelte den Kopf. "Ich habe Sie noch nie gesehen. Den Namen Lieberman kenne ich nicht."
"Aber mich haben Sie gleich erkannt", sagte Szabo, der inzwischen auch den Fuß der Leiter erreicht hatte."
"Ja, Sie sind Dr. Szabo aus Ungarn. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir Kleidung zu geben. Und ich muss mich unbedingt setzen. Ich bin so müde."
"Partielle Amnesie", meinte Lieberman. "Komm, wir suchen Dir passende Kleidung."
Lieberman zog Tanja hinter sich her in einen Nebenraum und ließ Szabo allein zurück, der sich auf einen Hocker hinter dem Kontrollpult fallen ließ. Eine kleine Kontrollleuchte blinkte rhythmisch und forderte seine Aufmerksamkeit.
"Transmission in progress", stand neben der blinkenden Kontrolle. Daneben war ein Knopf, der mit "Execute" beschriftet war. Er fragte sich, ob das der Grund für Tanjas Verwirrung gewesen war. Ob vielleicht der Prozess nicht ordnungsgemäß abgeschlossen war. Entschlossen drückte er den Knopf, um zu sehen, was geschah.
Im nächsten Augenblick erwachte die gigantische Maschine wieder zum Leben. Entgeistert starrte Szabo auf die Kontrollen. Es war wie beim ersten Mal. Schnell griff er seine Brille und schützte seine Augen.
Als es vorbei war, hörte er ein Wimmern aus dem Empfängerraum der Maschine. Kurz darauf taumelte eine nackte Frau über die Plattform. Sie hatten beim Verlassen der Kammer die Schleuse und das Gitter nicht mehr geschlossen.
"Seien Sie vorsichtig!", rief er hinauf. "Die Plattform hat kein Geländer."
Verwirrt und gehetzt blickte die Frau zu ihm nach unten. „Wo bin ich hier?“
„In Ungarn. Sie wurden mit dem Transmitter hierher geschickt. Aber wie sind Sie nach da oben gelangt? Sie sind doch mit meinem Kollegen Lieberman vorhin erst in den Nebenraum gegangen?“
„Lieberman? Ungarn? Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie sprechen. Wer sind Sie überhaupt? Und wieso bin ich splitternackt?“
Szabo fühlte sich nicht mehr wohl in seiner Haut. „Kommen Sie erst mal da runter, Tanja. Dann reden wir weiter. Aber seien Sie vorsichtig.“
Szabo wartete, bis die Frau bei ihm angekommen war. Sie sah ihn verängstigt an und versuchte vergeblich, ihre Blößen mit ihren Händen zu bedecken.
"Mir ist so kalt", sagte sie bibbernd. "Ich muss etwas anziehen."
Szabo blickte sie hilflos an. "Ich habe Ihnen doch vorhin schon … meine Jacke … Sagen Sie, wie sind Sie überhaupt wieder nach da oben gelangt? Ich habe Sie doch vorhin schon dort heruntergeholt."
"Ich … ich weiß nicht", sagte sie zitternd. "Ich kann mich nicht erinnern …"
Szabo sah sich suchend um. Nirgends konnte er etwas entdecken, das er der Frau um die Schultern legen konnte. Schließlich nahm er sie seufzend in seine Arme, was sie sich dankbar gefallen ließ. Zitternd schmiegte sie sich an ihn und genoss seine Wärme. Allmählich wurde sie ruhiger. Szabo hatte nichts dagegen, diese hübsche Frau im Arm zu haben, doch spürte er, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Immer wieder blickte er zur Tür des Nebenraumes und fragte sich, was Lieberman so lange dort machte. Ihm wäre erheblich wohler, wenn er sich der Unterstützung seines Kollegen sicher sein könnte. Endlich sah er eine Bewegung und atmete auf, doch im nächsten Augenblick erstarrte er förmlich. Lieberman war nicht allein. Er hielt Tanja an der Hand, die er notdürftig in einen der Overalls gesteckt hatte, wie man sie am Institut trug, wenn grobe Arbeiten zu erledigen waren. Er passte Ihr nicht richtig und sie wirkte etwas unförmig darin, aber es war unbestreitbar Tanja. Wen, in Gottes Namen, hielt dann er im Arm? Er löste sich von der Frau und schob sie ein Stück von sich weg. Es war Tanja.
Lieberman blieb stehen, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. "Dr. Szabo, wer ist das?"
"Wonach sieht es denn aus? Wenn Sie mich fragen, ist das Ihre Assistentin Tanja."
"Das ist unmöglich! Das hier ist Tanja!"
Die Frau im Overall kam mit fragendem Blick näher und betrachtete skeptisch ihre Doppelgängerin. "Sie … sie sieht aus wie ich. Das kann doch nicht sein …"
"Lieberman, Ihre verdammte Maschine hat zwei Frauen hier ankommen lassen", meinte Szabo fassungslos.
"Das kann überhaupt nicht sein", behauptete er. "Der Transmitter zerstört den Körper im Sender und übermittelt ihn an den Empfänger, wo er wieder stabilisiert wird. Wo soll da ein zweiter Körper herkommen? Das ist physikalisch überhaupt nicht möglich!"
"Und wie erklären Sie mir dann diese beiden hier? Sie gleichen sich, wie ein Ei dem anderen."
"Ich weiß es doch auch nicht …" Liebermans Stimme war leise und hatte einen verzweifelten Unterton. Immer wieder wanderte sein Blick zwischen den beiden Frauen hin und her.
"Die Öffentlichkeit darf das nie erfahren. Es wäre eine Katastrophe."
"Wie stellen Sie sich das vor, Lieberman? Ihre Tanja ist nun mal doppelt. Sie werden Farbe bekennen müssen."
"Nicht unbedingt. Wenn die beiden bereit sind, sich als Zwillinge zu präsentieren … Mir fällt schon noch etwas ein …"
Szabo schüttelte verständnislos den Kopf. Er ging in den Nebenraum und holte von dort noch einen Overall, den er der nackten Tanja überreichte. "Hier, ziehen Sie das an, dann werden Sie sich wohler fühlen."
"Ich verstehe zwar nicht so ganz, was hier gespielt wird, aber ich sehe, dass es mich auf einmal doppelt gibt", sagte sie, als sie dankbar das Kleidungsstück entgegennahm. "Was soll nun aus uns werden? Ich muss gestehen, dass mir das alles Angst macht."
"Ihnen wird nichts geschehen", versicherte Szabo. "Dafür werde ich sorgen. Lieberman muss erst zur Vernunft kommen, aber das wird er noch. Sie können nichts dafür, wie es gelaufen ist. Machen Sie sich keine Sorgen."
In diesem Moment sprach das Video-Telefon an und der Bildschirm erhellte sich. Ein Mann erschien und machte ein enttäuschtes Gesicht.
"Professor Lieberman? Hier ist Marc Dunster aus der Zentrale in Pasadena. Es tut uns schrecklich leid, dass es nicht geklappt hat."
"Was soll das bedeuten: Es hat nicht geklappt? Wie meinen Sie das?"
"Nun, wir haben unsere Sendeeinheit wie üblich hochgefahren und mit dem Empfänger synchronisiert. Alles lief wie geplant. Ihre Assistentin Tanja Berger befand sich auch in der Sendesäule, doch als wir den Prozess einleiteten, brach mitten in der Übertragung das Feld zusammen und die Sicherungen schlugen durch. Es tut mir wirklich leid, aber wir brauchen mindestens einen Monat, um alle Schäden zu beseitigen, bevor wir einen weiteren Versuch wagen können."
"Was ist mit Tanja geschehen?", fragte Lieb erman heiser. "Wenn der Prozess abbricht … Ich darf nicht darüber nachdenken …"
"Ihrer Assistentin geht es gut", sagte Dunster. "Sie ist etwas angeschlagen und erschöpft, aber sie ist in Ordnung."
"Lassen Sie mich …", hörten sie eine Frauenstimme, dann erschien das Gesicht von Tanja auf dem Bildschirm. "Hank, mir geht es wirklich gut. Als es passierte, hatte ich allerdings das Gefühl, man würde mich mitten durchreißen. Einen solchen Versuch mit mir wird es nicht mehr geben, das kann ich Dir versichern."
Sie stockte einen Moment. "Wer sind denn diese beiden Frauen dort bei Euch? Sie sehen ja beide aus wie … ich …"
Szabo und Lieberman blickten sich schweigend an. Jeder Gedanke daran, dieses Missgeschick zu vertuschen, war vergeudet, das wurde ihnen in diesem Moment klar. Ihnen wurde schlagartig klar, dass ihre Probleme erst am Anfang standen …