14. Tanz auf dem Vulkan
14.09 Rettung naht

Die Stimmung an Bord der DIGGER XI wurde immer schlechter. Die vier Besatzungsmitglieder waren schon lange in diesem Schiff zusammengepfercht, doch noch nie war ihre Stimmung so am Boden wie in dieser Zeit. Sie warteten schon seit vielen Stunden auf eine Meldung des angekündigten Schiffes. Eine weitere Mitteilung der Erde war bisher ebenfalls nicht eingetroffen. Allmählich zeigte der Füllstandsanzeiger des Frischwassertanks an, dass es mit der Gemeinschaft bergab ging.
»Langsam glaube ich nicht mehr an unsere Rettung«, sagte Lance. »Dieses Schiff hätte sich längst bei uns melden müssen.«
»Wenn das jetzt wieder eine Diskussion werden soll, wann wir unsere Schleusen öffnen sollen, um allem ein Ende zu machen – vergiss es!«, sagte Neema ärgerlich. »Wir wissen nicht genau, wie schnell dieses Schiff fliegt oder von wo es gestartet ist. Die Zeitangabe war auch nur ungefähr. Noch haben wir Wasser, also werden wir warten.«
Die anderen sagten nichts, doch Neema spürte, dass sie allmählich mit ihrer Meinung allein war. Selbst Leo war in den letzten Tagen immer stiller geworden. Häufig hatte er sich in die kleine Beobachtungskuppel zurückgezogen, über welche die DIGGER XI verfügte. Es schmerzte Neema, dass er sich von ihnen und insbesondere von ihr zurückzog.
»Wir können aber sicher sein, dass die Funkanlage in Ordnung ist?«, fragte Jack.
»Sicher«, bestätigte Lance. »Wir sind Tag und Nacht auf Empfang.«
In diesem Moment glitt Leo Parker aus dem Zugang zur Beobachtungskuppel und rief:
»Ich hab was entdeckt! Bei stärkster Vergrößerung des Refraktors kann ich einen kleinen Lichtpunkt erkennen. Ich glaube, da kommt definitiv etwas auf uns zu.«
»Bist du sicher?«, fragte Neema hoffnungsvoll.
»Absolut sicher!«, bestätigte Leo. »Allerdings ist es noch weit außerhalb unserer Radarerfassung. Ich habe aber die Hoffnung, dass wir bald von ihnen hören werden.«
Nur wenig später signalisierte die Funkanlage einen eingehenden Anruf. Mit fliegenden Fingern drückte Lance die Taste für die Rufannahme. Überrascht stellte er fest, dass selbst von diesem recht nahen Schiff nur im Textmodus gefunkt wurde.
»Hier ist Isabella Lückert, Kommandantin der RISING STAR. Ich rufe die DIGGER XI, bitte melden.«
Lance tippte zurück: »Hier ist die DIGGER XI, Pilot und Navigator Lance Payne. Sie glauben nicht, wie sehr wir uns freuen, von Ihnen zu hören. Ich schlage vor, auf akustische Verständigung umzuschalten.«
»Negativ. Derzeit nur Textmodus möglich. Wie ist Ihr Status? Nach meinen Informationen besteht akuter Wassermangel. Wie ernst ist es?«
»Wasser stark rationiert«, tippte Lance. »Vorrat reicht nur noch für ein paar Tage. Sie sind unsere letzte Rettung.«
»Das kann ich mir vorstellen«, kam die Antwort. »Wenn ich mit meinem Schiff bei Ihnen eingetroffen bin, müssen Sie in Raumanzügen herüberkommen. Ich werde versuchen, möglichst nah an die DIGGER XI heranzufliegen. Bitte nutzen Sie das letzte Wasser vor Verlassen Ihres Schiffes für eine intensive Körperpflege. Ich will es jetzt nicht erklären müssen. Sie werden es verstehen, wenn Sie hier sind. Bringen Sie nur wenig und leichte Kleidung mit an Bord der RISING STAR.«
Leo, Neema und Jack sahen sich fragend an. Was waren das für eigenartige Anweisungen? Andererseits, wenn sie von diesem Schiff gerettet wurden, war es vollkommen egal, was sie dafür tun mussten.
»Wann ist mit Ihrem Eintreffen zu rechnen?«, wollte Lance wissen. »Wir können dann besser planen.«
»Nach meinen Unterlagen habe ich bis zum Ende des Bremsvorgangs noch etwa drei Stunden. Vermutlich werde ich an Ihnen vorbeifliegen und mich dann langsam annähern. Ich schätze, dass ein Überwechseln auf mein Schiff in etwa fünf Stunden erfolgen kann.«
»Warum müssen wir diese Unterhaltung eigentlich im Textmodus führen?«, fragte Lance neugierig.
»Es liegen zwingende Gründe vor«, war die unbefriedigende Antwort. »Sie werden sie zu gegebener Zeit verstehen. Ich melde mich nach dem Bremsmanöver.«
»Versteht Ihr das?«, fragte Lance seine Begleiter.
»Nein«, sagte Neema. »Ich habe bisher auch noch nie eine so rätselhafte Meldung erhalten. Was soll das? Wir sollen uns offenbar gründlich waschen, bevor wir drüben an Bord kommen und wir sollen nur in leichter Kleidung erscheinen. Ich verstehe das nicht. Sie werden doch keine sterile Umgebung haben?«
»Dummes Zeug!«, sagte Leo. »In einem Raumschiff ist es nie steril. Es muss andere Gründe haben.«
»Es muss damit zu tun haben, dass sie uns überhaupt retten können«, vermutete Jack. »ich frage mich dauernd, wie sie es schaffen können, uns rechtzeitig zu erreichen.«