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15. Home, sweet Home
Weder Jan noch Isabella konnten sich daran erinnern, wann sie zum letzten Mal auf der Erde gewesen waren. Immer wieder war es der Job gewesen, der verhindert hatte, dass es zu den geplanten Besuchen bei ihren Eltern gekommen war.
Diesmal war es anders. Sie hatten beschlossen, eine lange Auszeit zu nehmen und mit ihrer Tochter zum ersten Mal zur Erde zu fliegen. Irina hatte es nicht gefallen, als sie ihr gesagt hatten, sie würden von der Elternzeit Gebrauch machen, die für Angehörige der Mondbesatzung seit einiger Zeit angeboten wurde. Die wenigsten Eltern nahmen dieses Angebot tatsächlich wahr, seit es eine gute Kinderkrippe gab, die sich rührend um die allmählich wachsende Kinderschar kümmerte.
Es war auch nicht so einfach, mit dem Kind einen Erdaufenthalt zu vereinbaren, da die Muskulatur Christinas für die Schwerkraft der Erde nicht kräftig genug war. Irina riet daher von den Plänen der Lückerts ab. Isabella blieb jedoch hart. Sie wollte ihrer Tochter frische Luft und einen blauen Himmel nicht länger vorenthalten.
Sie hatten Anspruch auf ein ganzes Jahr Elternurlaub auf der Erde und den sollte ihr Kind in vollen Zügen genießen können. Mehrere Wochen lang hatte das Training für sie alle gedauert. Jeden Tag ging es in die Zentrifuge, die ihnen jeden Tag ein wenig mehr abforderte, bis die Ärzte der Akademie schließlich grünes Licht gaben.
Christina saß auf Isabellas Schoß und spielte mit einem kleinen Stofftier, dass sie ihr noch auf dem Mond gekauft hatten. Isabella blickte sich um und sah überall neugierige Gesichter von Menschen, die vermutlich zum ersten Mal überhaupt im All waren und noch nie den atemberaubenden Blick auf den Blauen Planeten genießen konnten.
»Weißt du, dass ich mir wie ein Tourist vorkomme?«, fragte sie. »Wir sitzen in einem kommerziellen Landungsmodul und um uns herum gibt es quasi keinen Raumfahrer.«
Jan griff nach ihrer Hand und drückte sie. »Mir geht es ähnlich. Es fällt aber schon schwer, nicht im Cockpit zu sitzen und diese Maschine selbst zu landen.«
»Bereust du unsere Entscheidung?«
Jan schüttelte den Kopf. »Nein, überhaupt nicht. Ich liebe meinen Beruf, aber wir haben auch eine Verantwortung übernommen, als wir uns für Christina entschieden haben. Der Mond ist auf Dauer kein Ort für Kinder.«
Isabella sah aus dem Fenster. »Die Erde ist so wunderschön.« Sie wandte sich ihm zu und strich ihrer Tochter über die Haare. »Du weißt, was du da gesagt hast? Ein Jahr ist so schnell vorbei. Und was kommt dann?«
»Wir werden schon eine Lösung finden.«
»Mach dir doch nichts vor! Christina soll nicht in den Gängen einer Mondstation aufwachsen. Sie wird in die Schule gehen müssen und soll Freude haben mit ihren Freundinnen. Das kann ihnen das All nicht bieten. Keiner von uns wird in Zukunft monatelang von zu Hause wegbleiben können. Und wenn ich ehrlich bin: Ich möchte das auch nicht mehr. Ich will Normalität. Normalität im Alltag. Ich will einen Freundeskreis und mit dir Dinge unternehmen, die für jedes Ehepaar auf der Erde selbstverständlich ist.«
Jan sah Isabella forschend an. »Redest du davon, dass wir unsere Jobs an den Nagel hängen sollen? Das kann auch nicht dein Ernst sein.«
»Das hab ich doch nicht gesagt. Aber wir müssen uns Gedanken darüber machen, ob es möglich ist, hier von der Erde aus kurze Einsätze zu haben. Die ESA intensiviert seit einiger Zeit ihr Orbitalprogramm. Wir sollten unsere Fühler mal dorthin ausstrecken.«
»Ich finde, das ist jetzt etwas voreilig. Wir sind noch nicht einmal auf der Erde gelandet. Lass uns erst mal deine und meine Eltern besuchen. Dann suchen wir uns eine schöne Wohnung irgendwo und sehen weiter.«
Isabella lächelte. »Das bringt uns zum nächsten Thema: Wo werden wir wohnen? In Rumänien, Deutschland? Oder vielleicht auch in den USA?«
»Wo möchtest du denn gern leben? Ich hatte eigentlich gedacht, wir hätten uns auf Deutschland bereits geeinigt.«
»Wir hatten mal darüber gesprochen, aber geeinigt hatten wir uns nicht.«
Jan sah sie forschend an. »Du willst doch nicht etwa nach Rumänien?«
»Rumänien hat landschaftlich sehr schöne Gebiete. Wir sollten sie uns mal gemeinsam anschauen.«
»Isabella ist das dein Ernst?«
Sie lachte. »Man kann dich so leicht hinters Licht führen. Ich bin zwar als Rumänin geboren, aber denkst du, nach all dem, was man uns damals angetan hat, wäre ich bereit, dorthin zurückzukehren? Das ist endgültig vorbei, auch, wenn die Zeiten sich geändert haben und die alten Regimes nicht mehr existieren. Ich könnte mir gut vorstellen, in Deutschland zu leben. Deine Eltern leben dort.«
»Ja, und deine leben in Florida.«
»Schon richtig, aber in den USA ist mir alles immer eine Nummer zu groß. Ich mag dieses Kleine, Beschauliche, wie man es in deiner Heimat findet. Aber eine Bedingung hab ich doch.«
»Ja?«
»Ich möchte nicht im Ruhrgebiet wohnen, sondern in einer schönen, ländlicheren Gegend.«
Jan lächelte. »Das bekommen wir hin.«
Das Landemodul ruckte leicht, als es sich von der Orbitalstation löste. Der Sturz bis in die oberen Schichten der Stratosphäre würde antriebslos erfolgen. Erst, wenn die Atmosphäre dicht genug war, würde aus dem Landemodul ein klassisches Flugzeug werden.
Isabella hob Christina von ihrem Schoß und setzte sie in den Kindersitz, den man ihr zur Verfügung gestellt hatte. Es handelte sich um eine kleine kugelförmige Zelle, die kardanisch innerhalb eines Gestells aufgehängt war, das fest in den Boden der Kabine eingerastet war. Durch die Aufhängung machte die Zelle jede Bewegung des Schiffes mit und ein Kind konnte selbst bei unruhigem Flug nicht herausfallen.
Christina wehrte sich erst etwas und musste von Isabella beruhigt werden, doch als das Rütteln beim Wiedereintritt in die Atmosphäre stärker wurde, schlief sie sogar ein.
Jan griff nach Isabellas Hand. »Schau sie dir an. Jetzt schläft sie sogar. Ich finde das immer wieder faszinierend. Je doller es rappelt, umso besser schläft sie. Sie ist eben die Tochter von Raumfahrern.«
»Ich möchte deine Illusion ja nicht zerstören«, lachte Isabella, »Aber kleine Kinder sind so. Das hat mit der Raumfahrerei nichts zu tun.«
Allmählich wurden die Fluggeräusche lauter. Die Tragflächen des Landemoduls wurden mit zunehmender Luftdichte immer weiter ausgefahren. Aus den Fenstern konnten sie bereits Straßen und Städte erkennen.
»Hattest du deine Eltern noch erreicht, bevor wir vom Mond aufgebrochen sind?«, fragte Isabella. »Werden sie uns in Düsseldorf abholen?«
Jan machte ein zerknirschtes Gesicht. »Leider nein. Ich fürchte, wir werden uns ein Auto mieten und selbst nach Herne fahren müssen.«
»Ist es ihnen überhaupt recht, wenn wir sie dann einfach überfallen? Ich bin bis eben davon ausgegangen, du hättest alles arrangiert.«
»Ich habe alles arrangiert!«
»Ja, das merke ich.«
Isabella schwieg und Jan kannte seine Frau gut genug, um zu wissen, dass sie sauer war. Insgeheim musste er grinsen.
Die Maschine setzte zur Landung auf dem Düsseldorfer Flughafen an und sie mussten sich anschnallen. Christina schlief noch immer. Sie war in ihrer Kugel gut aufgehoben.
Sie war inzwischen schon ein Jahr alt, konnte auf dem Mond bereits laufen und begann erste Worte zu sprechen. Weder Isabellas noch Jans Eltern hatten ihre Enkelin bislang zu Gesicht bekommen. Alles, was sie hatten, waren Fotos, die sie ihnen regelmäßig per Mail zukommen ließen. Jan konnte sich gut vorstellen, wie sich seine Eltern gebärden würden, wenn sie das Kind zum ersten Mal auf dem Arm hatten. Isabellas Eltern waren da sicherlich nicht anders. Nun, er würde es erleben.
»Hattest du Neema noch auf ihre Einladung geantwortet?«, fragte Isabella. »Die beiden haben sich ein kleines Haus auf Hawaii gekauft und geschrieben, wir sollten sie mal besuchen, wenn wir auf der Erde wären. Ich war noch nie auf Hawaii.«
»Ich auch nicht, aber wir sollten uns nicht zu viel vornehmen. Wir müssen zu deinen und meinen Eltern, wollen uns ein nettes Häuschen für unsere Familie suchen und dann ist da noch die Sache mit Pelle und Maria. Wenn die beiden tatsächlich heiraten, wird das irgendwo in Spanien sein. Ihre Eltern bestehen darauf. Ich bin jetzt schon gespannt darauf, wie Pelle das mit der katholischen Familie von Maria hinbekommt.«
»Maria wird sich ihren Pelle schon erziehen«, sagte Isabella. »Hab ich mit dir ja auch geschafft.«
Jan sah sprachlos zu ihr herüber, war aber gleich entwaffnet, als er ihr strahlendes Lächeln sah.
»Etwa nicht?«
Jan grinste. »Schatz, wir müssen reden.«
Ein Quietschen und ein leichter Ruck deuteten an, dass das Fahrgestell des Landungsmoduls auf der Landebahn des Düsseldorfer Flughafens aufgesetzt hatte.
»Wir sind da.« Isabella sah aus dem Seitenfenster. »Es ist schon eigenartig. Früher brannte ich immer darauf, bald wieder ins All fliegen zu können, aber ich bin absolut glücklich, jetzt mindestens ein Jahr ununterbrochen auf der Erde leben zu dürfen.«
Sie wandte sich Jan zu. »Meinst du, uns könnte es gefallen, auch länger zu bleiben?«
»Ich weiß es nicht. Lass uns dieses Gespräch in einem oder zwei Monaten führen, wenn wir uns hier eingelebt haben.«
Die Abfertigung am Flughafen war für die junge Familie wieder einmal sehr einfach. Als man die UNO-Papiere sah, wurden sie gleich durchgewunken und durften gleich zum Gepäckband, wo sie auf ihre Sachen warteten.
Die übrigen Fluggäste waren noch nicht einmal durch die Abfertigung, als ihr Gepäck bereits aufs Band fiel. Isabella entdeckte sogleich ihren Koffer. »Da sind ja schon unsere Sachen. Ich hatte befürchtet, zwar als Erste hier zu stehen, aber als Letzte den Koffer zu bekommen.«
Jan grinste. »Manchmal funktionieren Dinge auch, wenn man sie vernünftig einstielt. Ich hatte schon bei der Gepäckaufgabe ganz zufällig unsere UNO-Pässe auf den Counter gelegt.«
»Jetzt wäre es schön, wenn wir nicht erst ein Auto mieten müssten. Du hättest deine Eltern ruhig bitten sollen, uns abzuholen.«
Jan erwiderte nichts, tat sich jedoch schwer damit, seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten. In Wahrheit hatte er weit mehr gemacht, als nur seine Eltern zu informieren.
Er zog den Buggy, den sie sich bereits auf dem Mond für einen unanständig hohen Preis besorgt hatten, vom Transportband und klappte ihn auseinander. Isabella gab Christina, die bisher ruhig auf ihrem Arm gesessen hatte, einen Kuss auf die Wange und setzte sie in den in den Wagen.
Jan lud ihr Gepäck auf einen Transportwagen und deutete auf den Ausgang. »Können wir?«
Vor dem Ausgang wartete eine größere Menschenmenge auf die Ankömmlinge ihres Landemoduls. Isabella wollte den Kinderwagen eben seitlich daran vorbeischieben, als ihr etwas auffiel. In der Menge hielt jemand ein Schild hoch, auf dem »Isabella« stand. Sie blieb stehen und sah genauer hin. Das Schild war selbst gemalt und oben an einer Holzlatte angebracht. Ein junger Mann in Jeans und einem Greenpeace-T-Shirt hielt es hoch. Er trug eine Sonnenbrille, die in dieser Flughafenhalle ganz sicher unnötig war. Etwas an dem jungen Mann kam ihr bekannt vor. Er schob sich lächelnd durch die Menge auf sie zu. Erst, als er seine Brille abnahm, erkannte sie, dass es ihr Bruder war.
»Milan?«, fragte sie entgeistert. »Milan, was machst du hier? Wieso bist du überhaupt hier?«
Er nahm das Schild herunter und umarmte seine Schwester. »Willkommen auf der Erde, meine große Schwester. Ich freue mich so sehr, dich endlich wiederzusehen.«
Isabella blickte sich um. »Ich versteh nicht ... Bist du etwa allein?«
Milan lachte. »Denkst du, dein Mann würde nur einen von uns einladen, bei eurem Empfang dabei zu sein?« Er deutete mit der Hand an ihr vorbei. »Schau mal dort. Da wollen dich noch ein paar andere begrüßen.«
Isabella fuhr herum. Da standen sie alle: ihre Eltern mit den beiden Schwestern und Jans Eltern. Alle strahlten, als sich ihre Blicke trafen.
Isabella wandte sich an Jan. »Halt mal eben den Buggy, du verrückter Kerl.«
Sie rannte zu ihren Eltern und umarmte jeden Einzelnen. »Mama, Tata, ich fass es nicht, dass ihr hier seid. Mein Gott, Salka, bist du groß geworden.«
Salka verzog leicht das Gesicht. »Ihr Erwachsenen kennt auch nur ein Thema, oder?«
Ihr Blick traf den von Alexandra, ihrer etwas jüngeren Schwester und sie hatte das Gefühl, in einen Spiegel zu schauen. Sie trug ihr Haar anders und es hatte auch einen etwas anderen Ton, aber sie war ihr unglaublich ähnlich geworden. »Alexandra.«
Sie nahm ihre Schwester in den Arm. »Ich hab so oft an dich gedacht. Hast du deinen Plan weiter verfolgen können?«
Lächelnd zog Alexandra einen Ausweis aus der Tasche, der sie als UNO-Staatsbürgerin auswies. »Der ist noch fast druckfrisch. Er gehört zu einem Raumfahrerpatent und einem Pilotenschein, aber den hab ich leider nicht dabei.«
Isabella war einen Moment sprachlos. »Du hast die Prüfungen schon hinter dir? Du bist ebenfalls Pilotin? Mensch Alex, ich gratuliere dir! War es sehr schwer?«
»Na mir hat s gereicht. Aber ich hab den Schein ...« Sie tat, als spiele sie auf einer imaginären Geige.
»Bist du noch mit diesem Frachterkommandanten zusammen?«
Alexandras Lächeln wurde noch etwas breiter. »Giovanni? Ja, wir sind noch immer zusammen, auch wenn wir uns nicht sehr häufig sehen können.«
»Das kannst du Isabella alles noch ausführlich erzählen«, mischte sich Roman Grimadiu ein. »Jetzt möchten wir erst mal das jüngste Mitglied unserer Familie kennenlernen.«
Jan hatte Christina bereits auf dem Arm, wo sich die Kleine wegen der vielen fremden Gesichter anklammerte.
»Das ist Christina, unser Sonnenschein«, sagte Isabella stolz. »Überfallt sie nicht gleich alle. Sie muss erst mal mit all den fremden Gesichtern warm werden.«
»Das verstehen wir doch«, sagte Maria Lückert. »Lasst uns erst mal nach Hause fahren.«
»Wie seid Ihr eigentlich alle hierher gekommen? Wir passen doch ganz sicher nicht in ein Auto?«
Paul winkte ab. »Wir sind mit unserem Wagen da und Roman hat sich einen Leihwagen genommen. Wir stehen im Parkhaus 2. Lasst uns fahren. Ihr habt doch sicher Hunger nach der langen Reise? Mutter hat in den letzten beiden Tagen gekocht wie eine Wilde.«
»Paul übertreib nicht. Wir haben schließlich Gäste und die lässt man nicht hungern.«
Paul lachte und schnappte sich den Gepäckwagen. Gemeinsam zogen sie ins Parkhaus und verteilten sich auf die beiden Autos.
Jan hatte auf dem Weg nach Herne das eigenartige Gefühl einer unbestimmten Fremdheit. Er war hier aufgewachsen. Es war sein Heimatland, und es sah alles noch so aus, wie er es kannte, aber etwas hatte sich verändert.
Isabella bemerkte Jans nachdenkliche Miene. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
Er schüttelte den Kopf. »Es ist alles in Ordnung, nur ...«
»Nur?«
»Ich weiß auch nicht. Ich kenne das alles hier. Ich bin damit aufgewachsen, aber etwas hat sich verändert. Ich spüre eine seltsame Fremdheit, wenn ich aus dem Fenster schaue. Das Gegenteil sollte der Fall sein, denkst du nicht?«
Isabella fasste seine Hand. »Es hat sich etwas verändert. Du hast dich verändert. Wir haben uns verändert. Es ist nicht mehr deine Heimat, Jan. Dein Elternhaus wird immer dein Elternhaus bleiben, aber es ist nicht mehr deine Heimat. Wir müssen uns einen eigenen Ort suchen, wo wir Wurzeln schlagen können, dann wird dieses Gefühl der Fremdheit ganz sicher verschwinden.«
Er drückte ihre Hand. »Vielleicht hast du recht.«
Als sie bei Jans Elternhaus eintrafen und eintraten, stellte sich doch ein Gefühl des Heimkommens ein. Hier hatte sich nichts verändert in all der Zeit. In der Diele klebte noch immer die schreckliche Streifentapete an der Wand und im Wohnzimmer prangte über dem TV-Gerät das kitschige, selbst gestickte Band mit dem Schriftzug »Home, sweet Home«. Unwillkürlich musste er Lachen. Seine Mutter hatte es zum Glück nicht mitbekommen, da Isabellas Geschwister auf sie einredeten und sie mit Fragen bombardierten. Seine Eltern waren vollauf mit ihrer Enkelin beschäftigt, die sich auf dem Arm seiner Mutter erstaunlich ruhig verhielt.
Jan betrachtete die vielen Fotos, die in kleinen Rahmen an einer Wand hingen.
»Deine Eltern sind sehr stolz auf dich.«
Er blickte auf und sah Alexandra neben sich stehen. »Muss wohl so sein, wenn ich diese vielen Fotos von mir hier sehe.«
»Ist ja auch verständlich. Meine sind ja auch stolz auf Isabella ... und ein kleines Bisschen auch auf mich, weil ich in ihre Fußstapfen trete.«
»Dafür wünsche ich dir auch ganz viel Glück!«
Sie nickte lächelnd. »Danke.«
Einen Moment standen sie schweigend beieinander. Jan sah, dass Alexandra etwas auf dem Herzen hatte.
»Willst du etwas sagen?«
»Ich frage mich, was Ihr eigentlich plant? Wollt Ihr jetzt auf der Erde leben?«
»Für das nächste Jahr ganz sicher. Wir haben Elternzeit beantragt.«
»Und dann? Werdet Ihr wieder auf den Mond gehen? Ihr seid alle beide hervorragende Piloten.«
»Wir wissen es nicht. Christina soll nicht auf dem Mond aufwachsen. Sie braucht Luft, Sonne, andere Kinder. Das können wir ihr auf dem Mond nur sehr eingeschränkt bieten. Wir haben uns noch nicht entschieden.«
Alexandra nickte. »Vermutlich keine leichte Entscheidung.«
»Nein, ganz sicher nicht.«
Alexandra wandte sich ab und schloss sich den anderen an, während Jan ihr nachdenklich hinterherblickte.
Er dachte plötzlich an Pelle und Maria, an Eva, Irina. Er hatte ganz sicher nicht viele echte Freunde gewonnen, aber die Wenigen waren gute Freunde. Ihm fielen Hagen und Sabina ein. Was aus den beiden Piraten geworden war? Sie hatten sich melden wollen, wenn sie Fuß gefasst hatten. Ob er jemals wieder von ihnen hören würde? Und Selma? Sie hatte ihnen allen durch ihren Einsatz das Leben gerettet.
Alexandra hatte recht: Auf immer und ewig würde er nicht auf den Weltraum verzichten können. Er war sicher, dass Isabella ähnlich denken würde. Sie waren noch jung. Da konnte es nicht schaden, die nächste Zeit erst einmal ihrem Kind zu widmen.
Ein Glockenton riss ihn aus seinen Gedanken. Wie lange hatte er diesen Ton nicht mehr gehört? Es war die Glocke, die seine Mutter stets geläutet hatte, wenn das Essen fertig war.
»Das Essen ist fertig!«, rief Maria. »Bitte nehmt doch im Esszimmer Platz! Lasst es nicht kalt werden.«
Isabella sah ihn an und hielt ihm ihre Hand entgegen. Die anderen schoben sich an ihr vorbei ins Esszimmer. Jan trat zu ihr und nahm ihre Hand. »Darf ich Sie zum Essen begleiten, schöne Frau?«
Sie lächelte und nickte betont huldvoll. »Gern. Kann es sein, dass du nun doch das Gefühl hast, heimgekommen zu sein?«
Jan überlegte einen Moment. »Du hast recht. Jetzt bin ich zu Hause. Wo du und Christina seid, kann nur mein Zuhause sein.«
Sie lachte leise. »Ich werde dich beizeiten daran erinnern.«
Mit diesem Teil endet die Geschichte um Jan und Isabella. Das Projekt des Fortsetzungsromans begann am 27. November 2016 mit dem Posten des ersten Teils und wurde insgesamt fast vier Jahre lang in 14-tägigem Abstand fortgesetzt. Jede Geschichte endet einmal und DIE AKADEMIE ist an diesem Ende angelangt. Alle Teile werden allerdings auch in Zukunft an dieser Stelle noch weiterhin für interessierte Leser zur Verfügung stehen, und ich hoffe, dass der Eine oder Andere meine Geschichte entdeckt und sich an ihr erfreuen kann.
Als Autor weiß man natürlich nicht, wie viele Menschen als Leser daran beteiligt waren, und erst recht nicht, wer die unwahrscheinliche Ausdauer besessen hat, sie bis zum Schluss zu lesen. Ich kann nur hoffen, dass sie gefallen hat. Ebenso hoffe ich, den Geschmack und die Erwartungen der Leserschaft getroffen zu haben und bedanke mich für die nicht selbstverständliche Geduld, einem so langen Projekt zu folgen.
Als Autor würde ich mir nur noch wünschen, dass einige der Leser sich ein Herz fassen und mir ein kleines Feedback hinterlassen. Ich würde mich sehr darüber freuen. Wer weiß, vielleicht würde ich ja aufgrund von Feedbacks ein weiteres Projekt starten - mit einer anderen meiner Romangeschichten. Bis dahin möchte ich mich empfehlen ...