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2. Die Abreise
2.1 Homer-Connection - Teil 2/3
»Es freut mich, dass ihr so schnell gekommen seid«, sagte er. »nehmt doch Platz.«
»Wann kommen meine Eltern?«, platzte Isabella heraus.
»Nicht so schnell«, bremste Homer sie. »Dazu muss ich dir noch etwas erzählen, Isabella. Ich war nicht immer Ausbildungsleiter bei der UNO. Genau genommen mache ich diesen Job erst wenige Jahre - eben, seit die Akademie auf dem Mond ihre Arbeit aufgenommen hat. Vorher war ich im Nachrichtengeschäft tätig.«
»Nachrichtengeschäft?«, fragte Jan. »Sie meinen, Agent oder so was? Etwa bei der CIA?«
Homer sagte einen Moment lang nichts, dann gab er sich einen Ruck. »Es spielt für Euch keine Rolle. Tatsache ist, dass ich viele Jahre lang im Außendienst einer US-Behörde gearbeitet habe. Vor einigen Jahren musste ich meinen Dienst dort quittieren. Die Umstände sind jetzt ohne Belang, aber ich habe noch immer gute Beziehungen zu einigen Angehörigen der US-Botschaft in Bukarest. Über diese Schiene habe ich die Einladung an die rumänischen Behörden weitergeleitet. Man konnte diese Einladung daher nicht einfach ignorieren, ohne für diplomatische Verstimmung zu sorgen. Das will man offensichtlich auch nicht riskieren und hat mit Einschränkungen zugestimmt.«
»Einschränkungen?«, fragte Isabella. »Was meinen sie damit?«
»Man wird nur zustimmen, wenn die Anreise mit der rumänischen Fluggesellschaft erfolgt und ein Stab von rumänischen Regierungsmitarbeitern deine Eltern begleiten kann.«
»Geheimdienst!«, sagte Isabella verächtlich. »Ich wusste es.«
»Eine Maschine der rumänischen Gesellschaft TAROM ist bereits gestartet und wird in wenigen Stunden hier landen. Deine Eltern werden an Bord sein, ebenso wie etwa zwanzig Regierungsmitarbeiter, die sie für die Dauer der Abschiedsveranstaltung betreuen werden. Wir werden sehr vorsichtig sein müssen, wenn wir dich mit Deinen Eltern zusammenbringen.«
»Was ist mit meinen Geschwistern?«, fragte Isabella. »Werden sie auch dabei sein?«
»Nein, leider nicht. Man hat angedeutet, dass man sich von Amts wegen um sie kümmern wird, solange die Eltern in den Vereinigten Staaten sein werden.«
»Diese Schweine!«, rief Isabella aus. »Die Drei sind doch noch klein. Warum nimmt man Kinder als Druckmittel?«
Homer machte ein verständnisvolles Gesicht.
»Ich verstehe Deinen Ärger, Isabella. Aber jetzt müssen wir nehmen, was wir bekommen können – das musst du verstehen. Ob sich hier vor Ort etwas organisieren lässt und wir mehr Spielraum bekommen, weiß ich nicht, aber ich werde mich weiter darum bemühen.«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Jan. »Haben Sie etwa eine Idee, wie wir ein Zusammentreffen ohne den Geheimdienst arrangieren könnten?«
Homer schien zu überlegen, ob er den beiden noch mehr verraten konnte. »Die Zeit bis zur Feier ist sehr knapp. Die Möglichkeiten, speziell dieses Problem gründlich zu planen, sind daher begrenzt und erfordern außergewöhnliche Lösungen. Ich will jetzt nicht verraten, was ich vorhabe, aber ich muss Euch bitten, mir einfach zu vertrauen. Ich habe immer noch ein paar Eisen im Feuer und es gibt Leute, die mir gegenüber noch immer verpflichtet sind. Da ich inzwischen unter dem Schutz der UNO stehe, kann ich mir einige Dinge erlauben, für die man mich als US-Staatsbürger vermutlich einsperren würde.«
Jan sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Mr. Sherman, was haben Sie vor?«
»Ihr werdet es erfahren, wenn es so weit ist. Ihr müsst mir einfach vertrauen. Ich bin sicher, dass Isabella noch ausgiebig mit ihren Eltern feiern wird. Ich werde mich unverzüglich melden, sobald die Maschine gelandet ist. Alles Weitere werden wir besprechen, wenn es so weit ist.«
Damit waren Isabella und Jan wieder entlassen und Homer begleitete die beiden zur Tür.
Isabella drückte ihm ganz fest die Hand. »Ich danke Ihnen Mr. Sherman. Sie wissen nicht, was mir ihr Engagement bedeutet.«
»Doch Isabella, das weiß ich«, antwortete er.
Homer sah den beiden noch aus seinem Bürofenster nach. Sie gaben ein nettes Paar ab, wie sie da Hand in Hand zum Haltepunkt der Busstation gingen. Er hoffte, dass eine solche Beziehung auch die ersten harten Monate der Ausbildung auf dem Mond überstehen würde. Er machte ein nachdenkliches Gesicht. Nicht alles hatte er den beiden erzählt. Seine Beziehungen zu diplomatischen Kreisen hatte er zwar erwähnt, nicht aber deren Umfang. Seit er in leitender Position für die UNO-Akademie tätig war, beschränkte sich seine Tätigkeit zwar mehr auf verwaltungsmäßige Aufgaben, doch war es einmal anders gewesen. Kaum jemand in seinem Umfeld kannte seine Vergangenheit als CIA-Mitarbeiter. So hatte er seine Fühler ausgestreckt, um festzustellen, ob es eine Möglichkeit gab, Isabellas Familie aus dem Einflussbereich der rumänischen Behörden zu befreien. Er hatte eine reelle Chance, es zu schaffen. Über Kontaktleute in Rumänien hatte er Verbindung zu Isabellas Eltern aufgenommen und von ihnen das Signal erhalten, dass sie zusammen mit ihren Kindern durchaus bereit waren, das Land zu verlassen. Leider bot sich ihnen diese Option nicht, da man sie als Druckmittel gegen Isabella im Lande festhielt. Homer stand in Kontakt mit früheren Kollegen in Bukarest, die in Erfahrung gebracht hatten, in welchem Heim die Grimadiu-Kinder während der Abwesenheit der Eltern untergebracht werden sollten. Nun würde sich zeigen müssen, ob sein Plan sich in die Tat umsetzen lassen würde. Auf jeden Fall würde er nicht aktiv werden, bevor sich nicht eine Chance ergeben würde, die rumänischen Bewacher der Grimadius zu überlisten. Homer wusste, dass es riskant war und nur sein Status als Bürger der UNO ließ ihn seinen Gedanken weiter verfolgen.
Inzwischen hatte ein Bus die beiden jungen Leute mitgenommen. Sie würden in Kürze wieder bei Jans Eltern eintreffen. Homer wollte sie nicht mit den Details seiner Aktivitäten belasten – sie hätten sich nur unnötige Gedanken gemacht.
Homer blickte auf seine Armbanduhr. 15 Uhr – in nicht einmal vier Stunden würde die Maschine der rumänischen Gesellschaft TAROM auf dem Flugfeld des Cape Canaveral landen. Es wurde Zeit, die Vorbereitungen abzuschließen.
Später erschien Greg Haunter vom Sicherheitsdienst bei ihm. Dynamisch wie immer öffnete er, ohne anzuklopfen, die Tür zu Homers Büro.
»Homer, sie haben sich eben gemeldet«, sagte er sofort.
Homer war an seine Art gewöhnt. Greg lehnte Höflichkeitsformen rundweg ab. Er konnte sich diesen Luxus jedoch auch erlauben, denn er verstand sein Handwerk wie kaum ein anderer.
»Ich habe eben eine Meldung vom Tower erhalten. Die Maschine befindet sich bereits im Landeanflug auf unser Landefeld. Ich habe meine Leute dort postiert – man kann nie wissen, was für Typen sie zur Bewachung unserer Gäste mitgeschickt haben.«
»Das ist gut, Greg«, sagte Homer. »sie sollen ruhig sehen, was wir von ihrer Art halten.«
»Wie hast du es dir eigentlich weiter vorgestellt, Homer?«
»Ihr macht überhaupt nichts«, sagte Homer. »wir werden sie empfangen, wie es für einen guten Gastgeber gehört. Die Quartiere für die rumänischen Gäste sind bereits vorbereitet. Ich rechne damit, dass sie sehr misstrauisch sein werden. Sie sollen sehen, dass wir ausgesprochen korrekt sein können.«
»Hast du vor, Isabella zu benachrichtigen?«, wollte Greg wissen.
Homer nickte.
»Das können wir ihr nicht antun – sie nicht zu informieren, wenn ihre Eltern eintreffen. Wir müssen nur genügend Sicherheitskräfte bereithalten – nur für den Fall, dass es Probleme geben sollte. Wo hält sich eigentlich Gheorghe Papu auf? Seit wir ihm die Aufenthaltsgenehmigung entzogen haben, habe ich ihn auch nicht mehr gesehen. Ist er noch in der Nähe?«
Greg nickte und machte ein grimmiges Gesicht.
»... und ob er noch in der Nähe ist. Dieser Kerl besitzt einen Diplomatenpass und wir können ihn nicht so ohne Weiteres abschieben. Selbst wenn wir ihn zu einer »Persona non grata« - einer unerwünschten Person – erklären wollten, würde es uns in der Kürze der Zeit nichts nutzen. Wir können ihn lediglich aus den besonders gesicherten Bereichen heraus halten. Papu trommelt bereits und fordert, endlich wieder Zugang zu Isabella Grimadiu zu erhalten. Leider ist seine Argumentation nicht von der Hand zu weisen. Er meint, dass nach Abschluss der Prüfungen kein Grund mehr besteht, die neuen Studenten von der Außenwelt abzuschirmen.«
»Seine Argumente mögen logisch klingen«, sagte Homer. »aber niemand kann uns vorschreiben, wie und wo wir unsere Leute unterbringen. Juristisch gesehen ist Isabella Grimadiu nun keine rumänische Staatsangehörige mehr. Formal untersteht sie eigentlich nicht mehr den Weisungen der rumänischen Regierung, sondern nur noch der UNO. Es gilt weiterhin die höchste Sicherheitsstufe. Papu erhält keinen Zugang!«
»Warum legst du dich eigentlich so sehr ins Zeug für dieses Mädchen?«, wollte Greg wissen.
Homer schwieg einen Moment. »Sie erinnert mich an meine Tochter Savannah. Ich habe einfach das Gefühl, ihr und ihrer Familie helfen zu müssen.«
»Ich habe mir so etwas Ähnliches schon gedacht. Aber du kannst nicht immer wieder versuchen, die Welt anzuhalten, nur weil jemand deiner Tochter oder Frau ähnelt. Ich weiß, dass es schmerzt, doch du bist nicht für ihren Tod verantwortlich. Du hättest den Autounfall auch nicht verhindern können, wenn du am Steuer gesessen hättest. Hör endlich auf, dich mit diesen Schuldgefühlen zu plagen.«
»Es ist meine Entscheidung!«, brauste Homer auf.
»Du weißt, dass du richtig Stress mit der Firma bekommen wirst.«
Homer winkte ab. »Damit werde ich fertig. Ich weiß ein paar Dinge über bestimmte Leute und ich besitze gut verwahrte Sicherheiten. Ich denke nicht, dass der Ärger zu arg werden wird.«
»Du musst es wissen.«
»Für welchen Termin ist die rumänische Maschine avisiert?«, fragte Homer.
Greg blickte auf seine Armbanduhr.
»Sie wird in etwa fünf Minuten landen.«
»Dann wird es Zeit, Frau Grimadiu zu informieren«, sagte Homer und griff zu seinem Telefon.
»Die Maschine mit meinen Eltern landet jeden Augenblick!«, rief Isabella aus, als sie den Anruf von Homer Sherman erhalten hatte. »Sie schicken uns einen Wagen, der uns abholt.«
»Soll ich dich begleiten?«, fragte Jan.
»Was ist das für eine Frage? Natürlich kommst du mit!« Isabella machte ein entrüstetes Gesicht.
»Dann werden wir euch jetzt schon wieder allein lassen«, sagte Jan entschuldigend zu seinen Eltern, die dafür jedoch Verständnis hatten.
»Fahrt nur und holt Isabellas Eltern ab«, sagte Jans Mutter. »du siehst doch, wie sie sich freut.«
»Gleich wirst du meine Eltern kennenlernen, Jan«, sagte sie.
In diesem Moment fuhr bereits eine Limousine vor und ein Uniformierter stieg aus. Isabella und Jan traten aus dem Haus und gingen ihm entgegen.
»Frau Isabella Grimadiu?«, sagte der Mann fragend. »Ich habe Weisung, Sie zum Flugfeld zu bringen.«
»Mein Freund wird mich begleiten«, sagte Isabella.
»Ich glaube nicht, dass ...«
»Das geht schon in Ordnung!«, rief ein Mann aus dem Auto heraus. »Kommen Sie nur beide.«
Sie stiegen in die Limousine und nahmen im Fond des Wagens Platz, wo bereits jemand sie erwartete.
»Ich bin Greg Haunter von der NASA-Sicherheit«, stellte er sich vor. »Homer bat mich, mich um sie zu kümmern. Ich gebe ihnen jetzt ein paar Informationen. Die Maschine der rumänischen TAROM wird jeden Augenblick landen. An Bord befinden sich neben Ihren Eltern auch eine ganze Reihe von rumänischen Sicherheitsbeamten, die vermutlich verhindern sollen, dass sie zu viel unkontrollierten Kontakt zu Ihren Eltern bekommen. Wir werden versuchen, dies im Laufe der kommenden Tage doch zu ermöglichen. Möglicherweise wird man auch versuchen, Einfluss auf sie zu nehmen und sie im Hinblick auf die Situation Ihrer Eltern zu bestimmten Handlungen zu bewegen. Auch wird man sie vielleicht an Ihre Bürgerpflicht als rumänische Staatsbürgerin erinnern. Denken sie dabei daran, dass sie nun keine rumänische Staatsbürgerin mehr sind, sondern Bürgerin der UNO. Sie sind nominell nicht mehr den Weisungen Rumäniens unterworfen.«
»Aber was soll ich denn tun, wenn sie meine Eltern in ihrer Gewalt haben? Meine Geschwister sind – wie ich gehört habe – sogar noch in meiner Heimat geblieben.«
»Sie machen gar nichts«, sagte Greg. »Sie lassen sich von unseren Sicherheitskräften beschützen und begrüßen Ihre Eltern. Alles Weitere muss die Zeit zeigen.«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Jan, doch er erhielt von Greg Haunter keine Antwort mehr.
Inzwischen waren sie am Landeplatz eingetroffen und Isabella konnte bereits das Flugzeug sehen, das soeben ausrollte und mit Keilen unter den Rädern gesichert wurde. Es dauerte nicht lange und die Treppe wurde an das Flugzeug herangerollt. Isabella und Jan standen – umgeben von Sicherheitsleuten der NASA – auf dem Flugfeld und warteten, was nun geschehen würde. Die Tür direkt hinter dem Cockpit wurde geöffnet und es erschienen eine Reihe von sehr korrekt gekleideten Männern, die den Eingang nach allen Seiten sicherten. Erst danach wurde es den Eheleuten Grimadiu gestattet, das Flugzeug zu verlassen.
Isabella drückte fest Jans Hand, als sie ihre Eltern aus der Maschine kommen sah. Jan konnte sich vorstellen, was in ihr vorging. Sie musste sich zwingen, nicht sofort loszulaufen, um sie zu begrüßen. Am Fuß der Treppe versammelte sich die rumänische Delegation und nahm Isabellas Eltern in ihre Mitte. Greg Haunter stieß Isabella vorsichtig von der Seite an.
»Frau Grimadiu«, sagte er. »lassen Sie uns zu Ihren Eltern gehen und sie begrüßen. Achten Sie bitte darauf, dass Sie zu jeder Zeit von unseren eigenen Leuten gesichert werden. Wir wollen nicht, dass diese Leute auf die Idee kommen, sich Ihnen unangemessen zu nähern.«
Isabella sah ihn fragend an. »Meinen Sie, das könnte geschehen?«
Greg zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es hier zu einem Eklat kommen lassen wollen. Es geht mir aber auch darum, dass wir unsere Entschlossenheit demonstrieren.«
Isabella nickte. Jan konnte die Unsicherheit in ihren Augen erkennen. Krampfhaft hielt sie seine Hand umklammert, als wollte sie ihn niemals loslassen.
»Wir müssen jetzt gehen«, sagte Greg. »Ihren Freund müssen Sie jetzt hier zurücklassen. Er wird jedoch hier warten. Kommen Sie jetzt bitte.«
Widerwillig ließ sie Jans Hand los und wurde von den Security-Mitarbeitern zu ihren Eltern geführt. Von seinem Platz aus sah er, dass Ileana Grimadiu – Isabellas Mutter – Tränen in den Augen hatte, als sie ihre Tochter in die Arme schloss. Isabella wirkte ungeheuer erleichtert, ihre Eltern in Florida noch einmal zu sehen. Jan konnte zwar nicht viel verstehen, doch er hatte den Eindruck, als wenn sie sofort in ihre Muttersprache zurückgefallen wäre. Nachdem sie einige Minuten miteinander gesprochen hatten, wobei sie von den rumänischen Sicherheitskräften misstrauisch beobachtet wurden, traten zwei Männer der rumänischen Delegation vor.
Jan trat unwillkürlich ein paar Schritte näher, um hören zu können, was gesprochen wurde.
Einer der Männer sprach Greg Haunter an, den er als Leiter der US-Sicherheitskräfte ausgemacht hatte.
»Ich möchte Sie im Namen unserer Delegation bitten, Frau Isabella Grimadiu in unsere Obhut zu überstellen. Als rumänische Staatsbürgerin untersteht sie ohnehin unserer Zuständigkeit. Außerdem haben dann ihre Eltern mehr Gelegenheit, mit ihrer Tochter zu sprechen.«
Greg sah den Mann ausdruckslos an. »Das wäre sicherlich das Beste, wenn es sich bei Frau Grimadiu tatsächlich um eine rumänische Staatsbürgerin handeln würde. Doch ich fürchte, dass ihnen nicht alle Fakten der Aufnahme in die UNO-Akademie für Raumfahrt bekannt sind. Frau Grimadiu ist nun UNO-Bürgerin und untersteht nicht mehr ihrer Gerichtsbarkeit. Darüber hinaus gilt sie jetzt als Geheimnisträgerin und muss vor eventuellen Übergriffen einzelner Staaten geschützt werden. Wir bedauern daher, ihnen in dieser Hinsicht nicht entgegenkommen zu können. Was würden sie stattdessen davon halten, wenn Sie Frau Grimadius Eltern die Erlaubnis gäben, mit Ihrer Tochter ein paar ungestörte Stunden in ihrer Unterkunft zu verbringen?«
»Sie meinen – ohne unseren Schutz?«, fragte der rumänische Agent spöttisch. »Wir haben unsere Anweisungen. Bei jedem Zusammentreffen muss mindestens einer unserer Leute zugegen sein. Schließlich müssen wir den Schutz unserer Bürger gewährleisten.«
»Sie können sich darauf verlassen, dass für die Sicherheit der gesamten rumänischen Delegation gesorgt ist«, entgegnete Greg und lächelte hintergründig. »Auch für Ihre Sicherheit. Dürfte ich noch Ihren Namen erfahren? Ich weiß immer gern, mit wem ich es zu tun habe.«
»Aber natürlich«, sagte der Agent betont freundlich. »Mein Name ist Carol Giurescu und ich stehe im Rang eines Majors der rumänischen Abwehr. Dürfte ich auch Ihren Namen erfahren?«
»Ich bin Greg Haunter und ich bin für die Sicherheit hier verantwortlich. Ich möchte Sie jetzt mit ein paar Fakten vertraut machen. Wie Sie wissen, befinden Sie sich auf dem Gelände der NASA. Nicht alles ist für die Augen der Öffentlichkeit gedacht. Wir haben verschiedene Sicherheitszonen. Es ist Ihnen gestattet, sich in der grünen Zone frei zu bewegen. Aus diesem Grunde haben wir ein paar Unterkünfte für Sie in dieser Zone herrichten lassen. Falls Sie sich in der so genannten gelben Zone bewegen wollen, dürfen Sie das nach Anmeldung und nur in Begleitung durch unsere Leute. Die rote Zone ist lediglich NASA-Mitarbeitern und UNO-Akademie-Angehörigen gestattet. Diese Zone dürfen Sie unter keinen Umständen betreten. Trifft man Sie dort an, werden wir Sie festnehmen müssen.«
Carol Giurescu machte ein säuerliches Gesicht. »Wir sind im Besitz von Diplomatenpässen.«
»Sicher haben Sie die«, meinte Greg lächelnd. »Sie dürfen sich damit fast überall in den Vereinigten Staaten frei bewegen. Trifft man Sie allein in der gelben Zone oder sogar in der roten Zone an, wird ihnen oder Ihren Leuten der Pass nichts nützen. Doch ich will nicht auf Biegen und Brechen von Sanktionen und Druck sprechen, Major Giurescu. Wäre es nicht eine großzügige Geste Ihres Landes, wenn Sie einer kurzen Familienzusammenführung zustimmen könnten? Bald schon werden die neuen Akademie-Angehörigen die Erde verlassen und zum Mond fliegen. Könnte es Rumänien wirklich schaden, wenn für ein paar Stunden die Familie Grimadiu einen Hauch von heiler Welt erleben dürfte?«
Carol Giurescu machte ein nachdenkliches Gesicht und zog Greg dann etwas beiseite. »Sehen Sie, Mister Haunter, ich bin hier mit einem äußerst klar definierten Auftrag meiner Regierung. Wir brauchen beide nicht so zu tun, als wüssten wir nicht, worum es geht. Fragen Sie mich als Menschen, der selbst Frau und Kinder hat – dann sage ich: Stecken Sie die Grimadius, verdammt noch mal, in einen Ihrer Bungalows und lasst Sie in Ruhe. Aber ich bin hier in meiner Eigenschaft als Major der rumänischen Abwehr. In dieser Eigenschaft muss ich darauf bestehen, dass wir die uneingeschränkte Kontrolle über die Familie Grimadiu behalten.«
»Wie stellen Sie sich das Ganze eigentlich vor, Giurescu?«, herrschte Greg sein Gegenüber an. »Sie tauchen hier in Kompanie-Stärke auf und verlangen, dass Isabella Grimadiu nicht ungestört mit ihren Eltern sprechen kann? Das kann doch nicht ihr Ernst sein!«
»Das Arrangement zwischen uns und Ihrer Akademie bezieht sich nur auf die Abschlussfeier und die Verabschiedung der neuen Studenten in aller Öffentlichkeit. Es betrifft nicht die Zeit davor. Wenn Sie uns nun also unsere Unterkünfte zeigen würden, Mister Haunter? Wir würden uns mit Ileana und Roman Grimadiu gern zurückziehen.«
Er zwinkerte Greg zu und ein rätselhaftes Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Bevor Greg ihn fragen konnte, was das zu bedeuten hatte, wandte sich der Agent ab.
Sie kehrten zurück zur übrigen Gruppe auf dem Flugfeld. Greg ging zu Isabella und zog sie sanft am Ärmel.
»Frau Grimadiu, wir müssen nun gehen.«
Isabella sah ihn verständnislos an.