6. Das Leben in der Akademie

6.1 Vorlesung


Ein nervtötendes Summen riss Jan aus dem Schlaf. Er brauchte eine Weile, bis er begriff, dass es sein Wecker war, und streckte seinen Arm aus, um in abzuschalten.
»Aua!«, tönte es neben ihm und er war mit einem Schlag wach.
»Licht!«, befahl er. Die Automatik des Appartments dimmte die Zimmerbeleuchtung an.
Isabella stemmte sich verschlafen mit ihren Ellenbogen von der Matratze hoch. »Du hast mich geschlagen? Was ist denn los?«
»Tut mir schrecklich leid. Der Wecker ... Ich hatte nicht mehr daran gedacht, dass du auf dieser Seite liegst.«
Isabella hatte sich inzwischen aufgesetzt und blinzelte ins Licht. »So oft, wie ich in letzter Zeit bei dir übernachte, solltest du es allmählich wissen, oder?«
Jan sah sie schuldbewusst an. Sie hatte ihre Stirn in Falten geworfen. »Ist was mit dir?«
»Manchmal frag ich mich, ob es richtig ist, was wir hier tun.«
Jan zog seine Brauen hoch. »Wie meinst du das?«
»Nun ja, wir sind zusammen und scheren uns im Grunde nicht um die Regeln, die hier an der Akademie gelten. Im Grunde werden Liebschaften nicht gern gesehen und eigentlich ist es verboten, was wir hier tun. Wenn sie dahinterkommen, kann das unangenehme Folgen haben.«
»Aber Isabella! Wir lieben uns doch. Oder etwa nicht?«
Sie nickte. »Ja, das tun wir, aber darf ich deswegen hier bei dir - in deinem Bett - übernachten? Oder du bei mir? Ich denke nicht.«
»Was willst du mir jetzt damit sagen?«, fragte Jan. »Sollen wir jetzt etwa auf Distanz gehen? Das würde ich nicht aushalten, weißt du das?«
Isabella lächelte ihn verhalten an und lehnte sich gegen ihn. »Das will ich doch auch nicht. Ich hab nur Angst, dass unser Glück bald wieder vorbei sein könnte.«
Er legte seinen Arm um das Mädchen und drückte es an sich. Ihre warme Haut an seiner tat einfach nur gut und sie blieben einen langen Moment lang so sitzen, bis Isabella sich von ihm löste und aufstand. Bewundernd sah Jan ihr zu, wie sie ihre Kleidung einsammelte, die sie am Abend vorher achtlos fallen gelassen hatte und sich anzog.
»Eigentlich müsste ich jetzt duschen und mir frische Sachen aus meinem Appartment holen, aber dazu ist keine Zeit mehr.«
Jan blickte auf seine Uhr. »Verdammt! Wir haben heute Dr. Salinger in der Frühvorlesung. Wenn wir bei ihm zu spät kommen, gibt es immer eine Sonderansage vor allen Leuten. Darauf können wir sicher beide verzichten.«
Isabella deutete zustimmend mit dem Zeigefinger auf ihn. »Seh ich genauso. Aber frühstücken muss ich vorher noch. Also beeil dich.«
Jan sprang auf und zog sich an. In der Hygienezelle spritzte er sich etwas Wasser ins Gesicht und betrachtete sein Gesicht im Spiegel. Isabella stand hinter ihm und sah ihm über die Schulter. »Rasieren kannst du dich später. Küssen werde ich dich sowieso in den nächsten Stunden nicht.«
Er drehte sich zu ihr um und küsste sie. »Dann muss ich mir jetzt noch eine Dosis verschaffen.«
Sie wich zurück. »Verdammt, du kratzt. Aber wir müssen los!«
Als sie Jans Zimmer verließen, blieben sie noch einen Moment vor der Zimmertür von Pelle stehen und lauschten. »Ob Pelle noch schläft? Weißt du, ob Gina gestern auch noch geblieben ist?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Woher soll ich das wissen? Es hat uns ja gestern nicht mehr sonderlich interessiert.«
Jan kicherte. »Wohl wahr.« Er legte den Zeigefinger auf seine Lippen und griff vorsichtig an die Türklinke zu Pelles Zimmer. Mit einem Ruck riss er sie auf und brüllte: »Aufstehen!
Pelle und Gina fuhren hoch, wie von der Tarantel gestochen. Nachdem sie begriffen hatten, was geschehen war, warf Pelle Jan sein Kissen an den Kopf. »Du verdammter Arsch! Das zahl ich dir noch heim!«
Jan lachte und zog Isabella hinter sich her aus dem Appartment auf den Gang.
»Jan, das war nicht sehr nett von dir«, sagte Isabella. »Du würdest dich auch aufregen, wenn Pelle das bei uns machen würde.«
»Jetzt mach kein Drama daraus. Es war lustig ...«
Sie liefen durch die Gänge der Wohneinheiten in Richtung Kantine. Um diese Zeit waren die meisten der Studenten bereits dort und in den Gängen war es ruhig. Sie liefen in einem, für alle Mondbewohner typischen Stil, der ihnen einerseits ein gutes Vorankommen bei niedriger Schwerkraft ermöglichte, ihnen aber auch einigermaßen glatte Richtungswechsel erlaubte. Neulinge hatten oft Probleme, weil all ihre Reaktionen noch auf Erdschwerkraft beruhten. Meist vergaßen sie, dass ihre Körper zwar federleicht wirkten, trotzdem jedoch noch ihre normale Masse und Beharrungsvermögen besaßen. Jan und Isabella waren jedoch schon alte Hasen und bewegten sich mit routinierter Eleganz um alle Kurven.
Zwischen dem Wohntrakt und den Universitätsgebäuden, in denen auch die Kantine integriert war, gab es einen Teil, in dem der Gang lediglich durch massiven Fels getrieben worden war. Man hatte hier den Eindruck, durch eine natürliche Höhle zu laufen. Anfangs hatten sie ein mulmiges Gefühl dabei, weil man wusste, dass außerhalb der Station ein absolutes Vakuum herrschte, und man unwillkürlich befürchtete, die Luft würde ins All entweichen. Tatsächlich jedoch war dieser massive Fels absolut dicht, und so hatte man darauf verzichtet, ihn auszukleiden.
»Wir haben noch genau fünfzehn Minuten«, sagte Isabella, als sie auf die große Wanduhr in der Kantine blickte. »Dann müssen wir in der Vorlesung sitzen.«
»Dann sollten wir sehen, dass wir noch etwas zu futtern bekommen. Ich garantiere dir, ich falle Menschen an, wenn ich ohne Frühstück den Vormittag aushalten muss.«
Sie griffen sich jeder ein Tablett und luden sich Croissants, Butter und Kaffe darauf. Ein freier Tisch war schnell gefunden und sie aßen schneller, als sie es eigentlich wollten.
»Was macht denn Pelle?«, fragte Isabella kauend. »Der ist ja noch später dran als wir.«
»Der soll froh sein, dass ich ihn überhaupt geweckt habe ...«
»Jetzt tu nicht so, als hättest du ihm nur einen Gefallen getan!«
Jan lachte, hörte jedoch auf, als er Pelle in den Speisesaal kommen sah. Seine Haare standen wirr in alle Richtungen und er wirkte, als hätte er in seiner Kleidung geschlafen. Jan winkte ihm zu, doch Pelle erwiderte den Gruß nicht. Mit steinernem Gesicht ging er an die Theke und holte sich sein Frühstück. Mit dem Tablett kam er zu ihrem Tisch.
»Ich sollte mich nach der Aktion vorhin nicht zu euch setzen ... Was sollte der Scheiß? Gina hatte sich total erschreckt.«
»Wo ist sie eigentlich?«, fragte Isabella.
»Sie hat heute keine Vorlesung, sondern muss erst in ein paar Stunden einen Gleiter zur Wartung bringen. Sie wollte noch ein wenig schlafen. Aber im Ernst: Könntest du in Zukunft solche Scherze unterlassen? Andernfalls würde ich mich demnächst revanchieren.«
»Pelle mach doch nicht so einen Aufriss deswegen. Es war ein Scherz, und fertig.«
Pelle sah Jan ernst an. »Du kapierst es nicht, oder? Du weißt ganz genau, dass wir eine richtig unangenehme Belehrung bekommen, wenn herauskommt, dass unsere Mädels häufig bei uns übernachten. Wir können froh sein, dass die Zimmerkolleginnen von Isa und Gina das Spiel mitmachen und dichthalten. Aber ich brauch keinen Alarmstart am frühen Morgen, während ich meine Freundin im Arm halte. Ich hatte fast einen Herzinfarkt.«
»Entschuldige«, sagte Jan schuldbewusst. »So hatte ich es nicht gemeint.«
»Schon in Ordnung. Sonst ist Impulsivität ja auch mehr meine Domäne. Wen haben wir gleich als Ersten? Den Salinger? Hab ich das auf dem Plan richtig gesehen?«
Jan und Isabella nickten. »Genau der. Und deshalb sollten wir uns auf den Weg machen.«
Sie schlangen die Reste ihres Frühstücks herunter, spülten mit Kaffee nach und ließen ihre Tabletts einfach auf dem Tisch stehen, wofür sie von der Bedienung an der Theke einen bösen Blick ernteten.
»Sorry, wir sind spät dran!«, rief Pelle über die Schulter zurück, dann waren die Freunde auch schon wieder draußen im Gang.
Von der Kantine zum Hörsaal waren es nur zwei Minuten, doch als sie den Eingang erreichten, sahen sie bereits Dr. Salinger am Multimedia-Board stehen. Die Vorlesung hatte bereits begonnen. Die Hoffnung, freie Plätze in der Nähe der Tür zu finden, erfüllte sich nicht. Sie mussten sich durch die Reihen der Studierenden quetschen, um freie Plätze zu finden.
Dr. Salinger hielt in seiner Rede an und wartete, bis sich die Neuankömmlinge gesetzt hatten. »Ich begrüße auch die drei Spätberufenen zur heutigen Unterrichtsveranstaltung. Ich nehme an, sie haben gute Gründe, warum sie erst jetzt zu uns stoßen, würde sie aber gern erfahren. Bitte kommen Sie nach der Vorlesung zu mir, damit wir darüber reden können.«
»Scheiße«, flüsterte Jan. »Ich hatte schon mal sie eine 'Audienz' beim Salinger. Das wird wieder ein Monolog über Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit werden.«
»Ich freu mich«, antwortete Pelle ironisch. »Aus der Nummer kommen wir wohl nicht raus, oder?«
»Träum weiter«, sagte Isabella.
Dr Salinger hatte inzwischen den Faden wieder aufgenommen und fuhr in seiner Vorlesung fort. »Wie sie alle wissen, ist die Mathematik aus speziell unserem Leben nicht wegzudenken. Ich sage immer: Die Mathematik ist für uns wie ein Schweizer Armeemesser und essenziell für unser Überleben im All. Unser heutiges Thema ist im Plan ganz schlicht mit 'Navigation' ausgewiesen. Sie können sich sicher denken, dass es ganz so einfach nicht sein wird.«
»Bin gespannt, welche Teufeleien er heute wieder drauf hat«, murmelte Pelle. »Ich hab bei seinen extravaganten Aufgaben immer das Gefühl, als denke er sie sich nur aus, um uns zu quälen.«
»Vielleicht tun wir ihm ja Unrecht«, sagte Isabella.
»Wart's ab.« Pelle legte seinen Kopf in die auf dem Pult aufgestützten Hände und seufzte.
»Sie alle träumen davon, einmal ein Raumschiff zu steuern, oder zumindest einen verantwortungsvollen Job auf einem der neuen Schiffe auszuüben. Dabei denkt man gern an romantische Dinge wie Abenteuer oder Aufbruchstimmung. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Raumfahrt besteht zu einem überwiegenden Teil aus exakter Planung und präziser Ausführung. Fehler werden nicht verziehen. Die Naturgesetze sind gnadenlos. Ihre heutige Aufgabe wird darin bestehen, eine Landung auf unserem vierten Planeten, dem Mars zu simulieren.
Die Vorgabe sieht folgendermaßen aus: Ihr Schiff, ein landefähiges Modell der Moonshuttle-Serie, nähert sich antriebslos, mit acht Tonnen Restbrennstoff dem roten Planeten. Dieser befindet sich zu diesem Zeitpunkt im Perihel. Sie haben die Aufgabe, einen wirtschaftlichen Kurs unter Berücksichtigung der Flugbahnen und gravitatorischen Ablenkkräfte von Phobos und Deimos zu berechnen. Ihr Schiff muss innerhalb der Toleranzwerte auf der Oberfläche niedergehen und muss genügend Brennstoff für den Rückstart zurückbehalten.«
Dr. Salinger blickte in die Runde. »Noch Fragen?«
Ein Student in der ersten Reihe meldete sich. »Ja?«
»Ohne Kenntnis der exakten Daten des Shuttles kann man das nicht berechnen.«
Salinger zog eine Braue hoch. »Ist das so? Wieso kennen wir die Daten des Shuttles nicht? Wollen sie mir erzählen, sie wüssten nicht, wo sie diese Angaben finden können?«
Der Student machte ein zerknirschtes Gesicht und schwieg.
»Dieser Arsch genießt es, uns in die Irre zu führen«, flüsterte Jan. »Man kann es wirklich nicht ohne Weiteres berechnen.« Er hob seine Hand.
»Jan, lass es doch«, zischte Isabella. »Willst du dich auch noch blamieren?«
»Ah, unser Vertreter des Spätdienstes«, sagte Dr. Salinger und deutete mit der Hand auf Jan. »Haben sie noch eine Frage? Ich will hoffen, dass sie auch berechtigt ist.«
»Wir können zwar die Bahndaten von Phobos und Deimos nachschlagen, aber uns fehlen Angaben darüber, welche Positionen diese Monde zu Beginn des Szenarios haben. Ohne diese Daten kann unmöglich der Einfluss dieser Himmelskörper auf unser Schiff exakt bestimmt werden. Außerdem muss ich auch wissen, wie weit das Schiff zu Beginn vom Mars entfernt ist.«
Dr. Salinger lachte. »Der junge Mann hat mitgedacht. Natürlich benötigen sie diese Angaben. Ich bin etwas entsetzt, dass nur ein einziger Student in diesem Hörsaal das erkannt hat.« Er aktivierte sein Keyboard und tippte die erforderlichen Prämissen ein, die daraufhin auf der Multimediawand erschienen.
»Sie haben eine Stunde Zeit, diese Aufgabe zu lösen. Sie dürfen ihre mobilen Computer benutzen.«
»Oh Gott!«, meinte Isabella. »Dieser Kerl macht mich noch fertig. Eine Stunde? Wie sollen wir das hinbekommen?«
Pelle nickte. »Hab ich's nicht gesagt?«
Jan starrte minutenlang nur auf die Zahlen, die Dr. Salinger eingetippt hatte und kaute auf seinem Kugelschreiber. »Die Sache muss einen Haken haben.«
Pelle und Isabella sahen ihn an. »Einen Haken? Wie meinst du das?«
Jan trommelte mit seinen Stift auf die Tischplatte. »Na, überlegt doch mal: Jeder hier im Raum müsste eigentlich checken, dass man das nicht in einer Stunde ausrechnen kann. Die Computer, die er dafür so großzügig zugelassen hat, sind doch vollkommen wertlos, wenn wir nicht vorher ein Szenario eingegeben haben. Das war sicher wieder einer seiner gefürchteten Scherze.«
»Bist du dir sicher?«, fragte Isabella. »Wenn du recht hättest, wäre das hier doch nur Beschäftigungstherapie. Das kann ich nicht glauben.«
Jan nickte. »Ich auch nicht. Wie ich ihn kenne, muss man wieder um die Ecke denken. Ich weiß nur noch nicht, worauf er hinaus will.«
Pelle hatte in der Zwischenzeit auf seinem Rechner herumgetippt und fluchte leise.
»Was ist denn?«
Pelle sah von seinem Rechner auf. »Wenn ich allein die Masse des Schiffes betrachte ... Was stellst du da mit acht Tonnen Brennstoff an? Die sind doch in Nullkommanix weg, wenn ich mich zwischen den Monden hindurchschlängeln muss, den Vogel auf Orbitalgeschwindigkeit runterbremse und dann lande.«
»Es ging ja auch um Wirtschaftlichkeit«, sagte Isabella. »Wenn es einfach wäre, hätte er uns diese Aufgabe nicht gegeben.«
Jan überlegte. »Pelle hat recht. Du kannst es drehen und wenden, wie du willst, aber du kannst niemals mit der gegebenen Treibstoffmenge auf dem Mars landen und wieder starten. Der verarscht uns.«
Salinger hatte inzwischen die Unruhe in den Reihen der Studierenden bemerkt und blickte zu ihnen hoch. »Gibt es noch ein Problem?«
»Dürfen wir die Aufgabe auch als Gruppe lösen?«, fragte Jan laut.
»Das hier ist keine Klausur«, meinte Salinger. »Wenn sie der Ansicht sind, sie könnten die Aufgabe als Gruppe besser lösen ... nur zu.« Er lächelte süffisant.
»Jan, was hast du vor?«, fragte Isabella leise.
»Der bekommt jetzt, was er braucht. Wir rechnen uns doch nicht die Finger wund für eine Sache, die nicht funktioniert. Wir liefern ihm eine begründete Grobschätzung und schreiben, dass eine Landung unter den Vorgaben unverantwortlich wäre. Wir bringen die Moonshuttle in einen stabilen Orbit um den Mars und lassen sie dort. Aus dem Orbit können wir auch mit dem Resttreibstoff wieder starten.«
»Du meinst, das können wir ihm als unsere Lösung verkaufen?«
»Es ist unsere Lösung. Pelle, gib mir mal deine Überschlagsrechnung.«
Jan formulierte das Ganze noch mal ins Reine und legte es dann, zusammen mit der Überschlagsrechnung, auf den Scanner seines Pultes. Sie definierten eine Arbeitsgruppe und tippten ihre Studenten-Nummern ins Terminal.
Jan lehnte sich lässig zurück und blickte sich um. Die übrigen Studenten waren noch immer eifrig dabei, ihre Computer zu traktieren und Werte zu notieren. »Ach, ist das nicht angenehm, wenn man Zeit findet, sich zu entspannen?«
Pelle schüttelte den Kopf. »Übertreib's nicht. Vermutlich wird er uns das um die Ohren hauen, wenn er es gelesen hat.«
»Wieso denn? Ich finde, wir haben recht. Ich würde es auch direkt mit ihm ausdiskutieren.«
Isabella machte mit der Hand ein Zeichen, leise zu sein. »Der schaut schon wieder zu uns hoch.«
»Kann es sein, dass meine Studenten von der Spätschicht nicht die richtige Einstellung finden, sich hier einzubringen?«
»Ganz und gar nicht«, sagte Jan. »Wir sind einfach schon fertig. Sie müssten unseren Scan eigentlich schon vorliegen haben.«
Salinger machte ein verblüfftes Gesicht und drückte eine Taste auf seinem Board. Er las eine Weile auf seinem Bildschirm und schüttelte nur den Kopf. Als er wieder zu ihnen emporblickte, wusste keiner von ihnen, was Salinger dachte. Sein Gesichtsausdruck ließ keinerlei Deutung zu.
»Genießen sie ihre Ruhe, aber nach der Vorlesung erwarte ich sie drei in meinem Büro.«
»Scheiße«, zischte Pelle zwischen seinen Zähnen hindurch. »Ich hab's euch gesagt.«
»Ich kann mir auch was Schöneres vorstellen, als eine Privataudienz beim Salinger«, meinte Isabella. »Wir hätten einfach weiterrechnen und unseren Kram am Ende einreichen sollen.«
»Wir sind im Recht«, beharrte Jan. »Wir werden sehen, was er wirklich will.«
Isabella verzog missmutig das Gesicht. »Manchmal könnte ich dich schütteln.«