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1. Florida
1.3 Das Warten - Teil 4/4
Isabella sah ihn forschend an. »Du bist auf deine Art genauso nervös wie er. So gereizt habe ich dich bisher noch nicht erlebt. Würdest du auch so reagieren, wenn es diese Prüfung nicht gäbe? Denk mal darüber nach.«
»Vielleicht hast du recht. Auf jeden Fall sollten wir uns deswegen nicht streiten.«
»Das sehe ich auch so.«
Isabella schaute in das Gefrierfach und zog zwei Tiefkühlpizzen hervor. »Pizza Margherita. Mal sehen, was es sonst noch gibt. Wir werden sie uns selbst belegen müssen.«
Jan fand noch Paprika, Salami und Thunfisch, während Isabella bereits Mozzarella und Parmesan vorbereitete.
»Erstaunlich, was sie uns hier anbieten«, wunderte sie sich. »Ausgerechnet in den USA hätte ich mit diesen Zutaten nicht gerechnet.«
Einige Minuten später lagen die Pizzen im Backofen.
»Ihr wollt doch nicht etwa jetzt etwas essen?«, fragte Jon aus dem Aufenthaltsraum. »Mir wird ganz übel von dem Geruch.«
»Du solltest auch etwas essen«, schlug Isabella vor. »Wir haben genug. Du kannst etwas abhaben.«
»Oh nein! Verderbt Ihr euch mal allein den Magen. Dann fallt Ihr für die Prüfung aus und ich habe bessere Chancen.«
»Eines Tages verprügle ich ihn wirklich«, murmelte Jan. »Er schreit förmlich danach.«
Ihre Pizza aßen sie gemeinsam in Isabellas Zimmer. Sie saßen noch eine Weile beisammen, bis Isabella herzhaft gähnte.
»Ich glaube, ich sollte schlafen gehen. Es wäre nett, wenn du mich jetzt allein lassen würdest.«
Jan war enttäuscht.
»Jetzt schau nicht so. Ich bin wirklich müde, sonst würde ich dich jetzt nicht hinauswerfen. Wir können morgen gern weiterreden, wenn du magst.«
»Gern. Was meinst du ... Werden wir diese Unterhaltungen auch auf dem Mond fortsetzen, wenn wir es geschafft haben, in der Akademie aufgenommen zu werden?«
Sie sah ihn prüfend an. »Du gehst wirklich davon aus, dass so etwas geschehen könnte, oder?«
Er nickte. »Unbedingt.«
Isabella lachte leise. »Du bist schon unverbesserlich.« Sie beugte sich kurz vor und küsste ihn leicht auf die Wange. »Und jetzt verschwinde. Ich will ins Bett.«
Völlig verwirrt ging Jan in sein Zimmer und legte sich aufs Bett. Was war nur mit ihm los? Auch in Deutschland hatte er eine Weile eine Freundin gehabt, aber nie war er während dieser Zeit so verwirrt und unsicher gewesen, wie er sich jetzt fühlte. War es diese Prüfung? War es Isabella? Hatte er sich etwa verliebt? Konnte er das in dieser Situation überhaupt gebrauchen? Vermutlich nicht, aber Gefühle fragten nicht danach, ob man sie wollte oder nicht. Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen, kehrte aber immer wieder zu Isabella zurück. Dieses Mädchen verfolgte ihn, nahm immer mehr von seinen Gedanken in Anspruch. Ihre Gestalt erschien vor seinem geistigen Auge und lächelte ihm zu. Er lächelte zurück und seufzte. Allmählich übermannte ihn die Müdigkeit und die Augen fielen ihm zu.
Als er erwachte, war es draußen hell und die Sonne kitzelte seine Nase. Mühsam stemmte er sich hoch und setzte sich auf die Bettkante. Er trug noch immer die Kleidung vom Vortag. Seufzend ging er zum Fenster und schaute hinaus. Draußen fuhren bereits die schweren Transporter vorbei, die in endloser Kette schwere Triebwerksteile zu den Montagehallen des Weltraumbahnhofs schafften. Er ging zu seinem Waschbecken, blickte in den Spiegel, der darüber hing, und streckte sich selbst die Zunge heraus. Nachdem er sich ein paar Hände voll kaltes Wasser ins Gesicht geklatscht hatte, fühlte er sich besser. Allmählich kam sein Kreislauf in Schwung. Er angelte sich frische Sachen aus seiner Reisetasche und zog sie an. Mit einer Bürste brachte er seine Haare etwas in Form, dann verließ er sein Zimmer.
Vor Isabellas Raum blieb er einen Moment stehen, dann klopfte er an. Als keine Antwort kam, öffnete er vorsichtig die Tür und blicke hinein. Im Gegensatz zu seinem Zimmer war dieses bereits aufgeräumt und das Bett war gemacht. Isabella war jedoch nicht da. Leise schloss er die Tür wieder und sah sich im Aufenthaltsraum um. Außer ihm war niemand dort - nicht einmal Jon, der wohl irgendwann am Abend beschlossen hatte, ins Bett zu gehen.
Er betrat die Küche und fand Isabella, die bereits an der Theke gegenüber der Kochzeile saß, einen Toast aß und eine dampfende Tasse Tee neben sich stehen hatte. Als sie ihn erblickte, hellte sich ihre Miene auf. »Guten Morgen. Ausgeschlafen?«
»Wohl eher abgebrochen«, brummte Jan und setzte sich neben sie auf den nächsten Hocker.
»Tee oder Kaffee?«
»Kaffee bitte. Sag mal, stehst du immer so früh auf?«
Sie nickte. »Meine Geschwister mussten morgens zur Schule. Wenn meine Eltern auf Frühschicht waren, musste ich ihnen das Frühstück bereiten. Möchtest du auch einen Toast?«
»Gern. Ich muss ja gestehen, dass ich mich zu Hause um so etwas nicht gekümmert habe. Meine Mutter hat das alles gemacht und ich - nun ja, es war halt immer so und ich hab das als selbstverständlich angesehen.«
Sie nickte. »Ein Kronprinz also. Das solltest du dir abgewöhnen. Reich mir mal deine Tasse.«
Jan schob ihr seinen Kaffeebecher herüber und sah zu, wie sie geschickt Kaffee eingoss und gleichzeitig zwei Scheiben Toast in den Toaster steckte.
»Du machst das toll.«
»Danke. Das solltest du bei Gelegenheit auch mal deiner Mutter sagen, wenn sie dich wieder bedient.«
»Was wird das hier?«, fragte Jan mit zusammengezogenen Augen. »Erziehung?«
Sie lachte. »So in der Art, ja. Bei Jungs ist das oft notwendig.« Sie reichte ihm den Toast. »Butter, Honig und Marmelade stehen auf dem Regal dort.«
Einen Moment lang aßen sie schweigend und lächelten sich wiederholt gegenseitig an.
»Wo stecken eigentlich die beiden anderen?«, fragte Jan.
»Bei mir hat sich keiner gemeldet. Der Japaner ist sowieso ein komischer Kauz. Hätte ich ihn nicht in sein Zimmer gehen sehen, wäre ich nicht sicher, ob er überhaupt hier ist. Jon hat sich noch nicht blicken lassen, aber darauf konnte ich auch verzichten.«
»Ach, auf einmal hast du kein Verständnis mehr für ihn?«
Isabella blitzte ihn aus ihren dunklen Augen an. »Hör auf! Ich kann ihn ebenso wenig leiden wie du, aber ich versuche wenigstens, ihn nicht nur negativ zu sehen!«
»Ich sag ja schon nichts mehr ... Wie geht's denn nun weiter? Sollen wir gemeinsam versuchen, uns vorzubereiten?«
»Dann lass mal hören, wie wir das anstellen können.« Isabella sah ihn zweifelnd an. »Sie stecken uns in einen Wassertank. Wie kann man sich da vorbereiten?«
Jan hob hilflos seine Arme. »Woher soll ich das wissen? Aber etwas müssen wir tun. Was wird denn unser größtes Problem sein? Vermutlich das Zeitempfinden. Vielleicht geraten wir in Panik oder die Einsamkeit macht uns verrückt. Ich stelle mir vor, so etwas wie Atemübungen zu machen, um die Nerven zu beruhigen. Ob das etwas bringt, weiß ich natürlich nicht.«
»Es klingt aber ganz gut. Ich denke, das kann man wirklich gut gemeinsam machen.« Sie rutschte von ihrem Hocker und sah ihn auffordernd an. »Dann komm und lass uns damit beginnen. Ich spüre, dass ich innerlich unruhig werde.«
»Na gut, dann komm mal mit.« Jan erhob sich Isabella folgte ihm. Als sie vor seinem Zimmer angelangt waren, zögerte er.
»Was ist?«
»Ach, bei mir ist es nicht sonderlich aufgeräumt.«
»Jungs!«, sagte sie in einem Tonfall, als würde diese Feststellung alles erklären. »Mach schon die Tür auf. Ich verspreche, dass ich keinen Ton über die Unordnung verlieren werde.«
»Was macht Ihr hier für einen Lärm?« Jon war aus seinem Zimmer gekommen und blinzelte, da es dort noch sehr dunkel gewesen war. Er hatte seine Vorhänge zugezogen.
»Guten Morgen!«, sagten Jan und Isabelle im Chor, doch Jon ging nicht darauf ein.
»Mir platzt der Schädel, wenn ich euch so höre.«
Jan trat auf ihn zu. »Bist du etwa betrunken?«
»Blödsinn! Ich hab nur meine Nerven etwas beruhigt. Ich hab da ein paar Dosen britisches Lager in meinem Koffer.«
»Bist du eigentlich total bescheuert?«, fuhr Isabella ihn an. »Was glaubst du, was sie mit dir machen, wenn sie dahinterkommen?«
»Was denn? Es ist nur, um die Nerven zu beruhigen. Ihr werdet es erleben. Ich werde ganz locker sein, wenn ich aus dem Tank komme. Ich schick euch eine Mail vom Mond, wenn ich die Zeit dazu finde.«
»Jon, du bist ein Ekel!« Isabella ergriff Jans Hand und zog ihn von ihm weg.
Jon warf sich in den erstbesten Sessel und griff nach der TV-Fernbedienung. Sie ließen ihn allein und zogen sich in Jans Zimmer zurück. In den folgenden Stunden saßen sie sich häufig auf dem Boden im Schneidersitz gegenüber und bemühten sich um eine ruhige, gleichmäßige Atmung. Es hätte vielleicht sogar funktioniert, wenn jeder es für sich allein getan hätte. So sah Jan immer wieder in Isabellas Gesicht, wie sie mit geschlossenen Augen ruhig atmete. Ihre langen, schwarzen Haare umrahmten ihre feinen Züge und ihre Brust hob und senkte sich ruhig und gleichmäßig. Er spürte, wie sich jedes Mal sein Puls beschleunigte und seine Versuche zunichtemachte.
Sie öffnete ihre Augen und lächelte, als sie seinen Blick bemerkte. »Das wird nichts, oder?«
Jan schüttelte den Kopf. »Nein. Sobald ich dich ansehe, ist es vorbei.«
»Du hast eine komische Art, Komplimente zu machen.«
Jan rollte mit den Augen und hob hilflos seine Arme. »Was soll ich denn machen?«
»Du musst dich besser konzentrieren!«
»Das tue ich doch. Aber ich beginne, mir mehr Gedanken um deine Prüfung zu machen als um meine eigene. Ich kann nichts daran ändern.«
Isabella sah ihn nachdenklich an. »Das ist mir vorhin ebenso gegangen. Hat das was zu bedeuten?«
»Keine Ahnung. Vielleicht bedeutet es ja, dass wir in der Lage sind, uns nicht nur um uns selbst zu drehen. Es kann ja sein, dass es was Positives ist.«
Sie nickte. »Wollen wir es hoffen. Sollen wir noch weiter versuchen, unsere Nerven durch Atmung zu beruhigen?«
Er nickte. »Schaden kann es nicht und wir haben sowieso nichts Besseres zu tun, oder?«
Erst am Abend verließen sie gemeinsam das Zimmer, weil sie Hunger hatten. Jon saß - wie üblich - in einem der Sessel und blickte gebannt auf den Bildschirm, über den ein alter Zeichentrickfilm flimmerte. »Da sind ja die Turteltäubchen wieder. Es ist euch doch sicher klar, dass sie in der Akademie keine Pärchen gebrauchen können. Es ist viel zu riskant, Menschen in Einsätze zu schicken, die emotional gebunden sind. War nett mit euch. Ihr solltet euch den Tank ersparen.«
»Jetzt hör endlich auf mit diesem Scheiß! Vielleicht kannst du ja bei Tako damit landen. Wir können das nicht mehr hören.«
»Tako ist weg.«
Jan stutzte. »Tako ist ...?«
»... weg«, vervollständigte Jon. »Ist vielleicht eine Stunde her. Es klopfte und ein NASA-Mann fragte nach ihm. Da Tako ja offenbar mit niemandem sprechen will, musste ich ihn informieren. Er hockte auf dem Boden und blickte mich an. Wortlos erhob er sich und marschierte hier heraus. Ich wünschte, ich hätte diese Haltung. Ich glaube kaum, dass es jemanden gibt, der es mit so einem Kerl im Becken aufnehmen kann.«
Jon begann an seinen Fingernägeln zu kauen und konsumierte den ganzen Tag hindurch ein Fernsehprogramm nach dem anderen. Bemerkungen aus seiner Richtung kamen kaum noch. Jan und Isabella versuchten weiterhin, sich durch Atemübungen zu entspannen, was ihnen mit wechselndem Erfolg gelang. Jan wurde erst wieder richtig nervös, als Isabella geholt wurde.
Sie saßen in Isabellas Zimmer, als Jon hereinstürzte.
»Verdammt noch mal Jon!«, fuhr Jan ihn an, doch er hörte überhaupt nicht zu.
»Einer von der NASA steht an der Tür! Isabella muss mitkommen!«
Sie sah Jan erschreckt an. »Dann ist es jetzt so weit. Ich wusste ja, dass es auf mich zukommen würde, aber jetzt ...« Sie schluckte.
»Komm! Die warten!«
»Hau ab, Jon! Ich komme ja gleich!« Isabella war wütend.
Als Jon verstört den Raum verlassen hatte, erhoben sich Jan und Isabella von der Couch und standen sich gegenüber.
Sie biss sich nervös auf die Unterlippe. »Das war's dann wohl. Du sollst aber wissen, dass es nett war, dich kennengelernt zu haben.« Wütend wischte sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
»Isabella!« Jan fasste sie an den Schultern und sah ihr fest in die Augen. »Das war es noch nicht! Gib jetzt nicht auf! Ich will uns beide unter den besten Sieben sehen! Vergiss das nicht!«
»Wie könnte ich das vergessen? Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen.«
»Dann lass uns kämpfen! Wir müssen es wenigstens versuchen.«
Sie nickte. »Wünsch mir Glück.«
Jan reichte ihr seine Hand, entschied sich dann jedoch anders, zog sie an sich und nahm sie kurz in den Arm. Für einen Moment versteifte sie sich, doch dann ließ sie es geschehen. »Du schaffst das.«
Sie nickte. »Du auch. Danke.«
»Frau Grimadiu?« Ein NASA-Mann stand in der Tür und winkte. »Sie müssen jetzt mitkommen.«
Isabella versuchte Jan anzulächeln, doch es verunglückte völlig. Sie wandte sich ab und folgte dem Mann zum Wagen.
Jan stand am Fenster, bis der Wagen nicht mehr zu sehen war. »Scheiße.«
Er spürte, wie eine Träne über seine Wange lief, und wischte sie missmutig weg.
Sentimentalität war doch sonst nicht seine Sache. Es nahm ihn mehr mit, als er sich selbst eingestehen wollte. Jon hatte ihn beobachtet und grinste spöttisch.
»Ich will kein einziges Wort von dir hören!«, brüllte er ihn an und hielt seine rechte Faust erhoben.
Jons Grinsen fror erst ein und verschwand dann ganz aus seinem Gesicht. Jan zog sich in sein Zimmer zurück und schlug die Tür hinter sich zu. Er setzte sich aufs Bett und stützte den Kopf in seine Hände. »Verdammt! Verdammt! Verdammt!«
In der folgenden Nacht schlief er sehr schlecht. Immer wieder musste er an Isabella denken. Am nächsten Morgen bereitete er sich in der Küche ein Frühstück zu, an dem er nur herumknabberte. Er hatte einfach keinen Hunger. Er sah Jon vor dem Fernsehgerät im Aufenthaltsraum sitzen. Seine Sachen waren vollkommen zerknittert. Vermutlich hatte er darin geschlafen. Nach ihrem Wortwechsel am Abend zuvor würdigte er ihn keines Blickes, aber das war Jan nur recht. Er fragte sich, wie er mit diesem Kerl zurechtkommen sollte, wenn sie beide es auf den Mond schaffen sollten.
Schließlich wurde auch Jon abgeholt. Er sah schrecklich aus, als er seinen Namen hörte.
Jan stand in der Küche und sah ihn an. Er hatte sich oft über ihn geärgert, doch tat er ihm nun doch etwas leid. Er trat auf ihn zu und hielt ihm seine Hand hin.
Jon zögerte und kaute an seiner Unterlippe. »Bist du sicher? Eigentlich müsstest du mich hassen ...«
»Nun greif schon zu, bevor ich es mir anders überlege. Du hast dich benommen, wie ein Arschloch, aber ich kann dich nicht gehen lassen, ohne dir Glück zu wünschen.«
»Ich war wirklich unausstehlich. Du ahnst nicht, unter welchem Druck ich stehe. Meine Familie ...«
»Vielleicht hättest du einfach darüber reden sollen«, meinte Jan. »Stattdessen ...«
Jon ergriff Jans Hand und schien sie überhaupt nicht mehr loslassen zu wollen. »Danke. Ich weiß, dass ich es nicht verdient habe, aber danke. Wenn du Isabella wiedersiehst, sag ihr, dass es mir leidtut.«
»Das solltest du ihr besser selbst sagen.«
»Wer weiß.«
»Was meinst du?«
Jon ließ die Hand los. »Man weiß nicht, was kommt. Ich konnte es bisher nicht zugeben, aber ich habe fürchterliche Angst vor diesem Test. Machs gut - und grüßt mir den Mond.«
Er wandte sich ab und folgte dem NASA-Mitarbeiter zum Wagen. Jan sah ihnen hinterher und dachte, dass es doch manchmal sehr überraschend war, was sich hinter der Fassade einiger Leute abspielte. Vielleicht, wenn er Jon unter anderen Umständen kennengelernt hätte, wären sie sogar Freunde geworden. Vielleicht aber auch nicht. Was wusste er schon von Jon? Wer war der echte Jon? War es der arrogante Oxford-Schüler oder der Junge, der sich eben verabschiedet hatte?
Er blieb allein zurück. Das bedeutete, dass sich für Isabella bereits entschieden haben musste, wie es weiterging. Er versuchte, die Übungen, die er mit Isabella gemacht hatte, allein zu machen, doch auch jetzt fand er nicht die Ruhe dazu. Er musste nicht lange warten, bis es wieder an der Tür klopfte. Jan öffnete und eine junge Frau mit NASA-Sticker an der Bluse stand vor ihm.
»Jan Lückert, Sie sind der Letzte. Kommen Sie mit, ich fahre Sie zur Kleiderkammer.«
Jan blickte sich um.
»Sie brauchen nichts mitzunehmen. Wir kümmern uns um Ihre Sachen.«
Jan folgte ihr zum Auto und stieg auf der Beifahrerseite ein. Er konnte überhaupt nicht klar denken. Tagelang hatte er auf diesen Moment gewartet und jetzt kam ihm alles so unwirklich vor. Sie fuhren an imposanten Gebäuden vorbei, doch sie interessierten Jan im Moment nicht. Er dachte an Isabella. Ob sie es geschafft hatte? Er hoffte es für sie - unabhängig davon, wie es bei ihm selbst klappte.